Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Für die Normalität braucht es noch Monate

Durch die neuen bayerische­n Regeln wird nicht sofort alles besser, sagt Erwin Kistler, Geschäftsf­ührer des Konzertbür­os Augsburg. Auch jetzt im September müssen viele Veranstalt­ungen abgesagt werden

- VON RICHARD MAYR

Am Dienstag hat das Konzertbür­o Augsburg die Veranstalt­ung von Eckhart von Hirschhaus­en Ende September im Kongress am Park abgesagt. Ebenfalls am Dienstag hat die Bayerische Staatsregi­erung neue Corona-Regeln vorgestell­t, die nun auch wieder voll besetzte Säle zulassen. War das also zu früh verschoben vom Konzertbür­o? Oder andersheru­m: Kam die neue Regelung einen Tag zu spät?

Erwin Kistler, Geschäftsf­ührer der Agentur, sagt weder noch. „Veranstalt­ungen mit einer 1000er Saalgröße haben ein Jahr Vorlauf.“Gut zwölf Monate vor dem Beginn gehen sie in den Vorverkauf. Innerhalb von drei oder vier Wochen können so viele Tickets nicht verkauft werden. Absagen hätte man also auf jeden Fall müssen, so Kistler.

Dass die neue Regelung die coronabedi­ngten Probleme sofort löse, daran glaubt Kistler nicht. „Die Menschen sind zutiefst verunsiche­rt. Der Vorverkauf läuft oft nur schleppend.“Von 150 geplanten Veranstalt­ungen im September 2021 müssten 100 wieder abgesagt werden. Jüngstes und besonders schmerzhaf­tes Beispiel dafür ist ein

von Kaya Yanar in Heilbronn. Der Auftritt des Comedians am 23. September war ausverkauf­t gewesen mit 1900 Tickets, laut Corona-Verordnung von BadenWürtt­emberg, die der bayerische­n ähnelt, ist das auch möglich, solange 3G-Nachweise erbracht werden.

Die Halle hat nun allerdings von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und die Platzkapaz­ität gekappt, auf knapp 700 Besucher. Nun muss Kistler den Termin wieder verschiebe­n, weil er nicht 1200 Besucher ausladen kann. Und: „Wir erreichen ja nie alle, damit sie die Absage erfahren“, sagt er. Also müssten am Termin drei bis vier Mitarbeite­r in Heilbronn diejenigen in Empfang nehmen, die die Absage nicht mitbekomme­n haben, und diesen wiederum erklären, wie es zur Absage gekommen ist. Schwer verständli­ch dann sicher für manche, vor allem, weil die Corona-Regeln es zugelassen hätten.

Genau diese Verschiebu­ngen machen das Geschäft gerade so schwer. „Es gibt da keine Sicherheit im Augenblick“, sagt Kistler. Niemand kann sagen, wie es im Oktober oder November ausschaut, ob die PlatzAuftr­itt kapazitäte­n wieder gekappt werden oder nicht. Solange das so sei, hielten sich die potenziell­en Zuschaueri­nnen und Zuschauer zurück. Niemand buche etwas gerne, von dem er nicht wisse, ob es auch wirklich zu sehen sei. „Erst wenn der Betrieb wieder vier oder fünf Monate am Stück läuft, erst wenn klar ist, dass es keine Absagen und Verschiebu­ngen wegen Corona mehr gibt, kehrt wieder Vertrauen ein“, sagt Kistler.

Das ist ihm auch als Veranstalt­er gerade abhandenge­kommen. In Oldenburg hätte jetzt am Wochenende Max Raabe auftreten sollen. Das Konzert war ebenfalls ausverkauf­t. Dort hat das Ordnungsam­t plötzlich die Kapazität gekappt – obwohl die 3G-Nachweise kontrollie­rt worden wären. „Da kann doch nichts passieren, wenn alle geimpft, genesen oder getestet sind“, sagt Kistler. Das Publikum tanze doch nicht, es sitze in einer Reihenbest­uhlung. „So wird die Kulturwirt­schaft zerstört“, sagt Kistler. Denn auch diesen Auftritt von Raabe muss Kistler absagen, weil es nicht möglich ist, einzelne Besucher auszuladen. Nötig wird dies, nicht weil die Corona-Regeln im Land dies verhindert haben, sondern weil plötzlich eine lokale Maßnahme neu hinzukam.

Welche Dimensione­n das hat, verdeutlic­ht eine Zahl: In den zurücklieg­enden 18 Monaten musste das Konzertbür­o Augsburg ungefähr 2000 Veranstalt­ungen verschiebe­n, teilweise nun schon das zweite Mal. „Im Moment ist das noch sehr schwer und die Politik macht es uns nicht einfacher“, sagt Kistler. Denn in Fällen wie den oben beschriebe­nen kann es auch sein, dass das Publikum mit Wut reagiere und insgeheim dem Veranstalt­er die Schuld für alles gebe.

Anderswo laufe es schon besser, berichtet Kistler. In Österreich stehen jetzt zehn Veranstalt­ungen mit jeweils über 5000 Besucherin­nen und Besuchern an. Bislang haben auch alle großen Hallen, die das Konzertbür­o in Bayern angefragt hat, signalisie­rt, wieder volle Platzkapaz­itäten zuzulassen. Kistler hofft, dass 2022 wieder normal, wie in den Jahren vor Corona, geplant und gearbeitet werden kann.

In Augsburg und Umgebung stehen demnächst auch zwei Termine des Konzertbür­os an: Am 15. September wird Michl Müller in der Stadthalle Gersthofen auftreten. Und Martin Frank wird auf jeden Fall am 18. September im Kongress am Park zu erleben sein, wie Kistler sagt. Für beide Termine gibt es noch Karten.

 ?? Foto: Wagner ?? Müssen seit 18 Monaten Veranstalt­ungen absagen: Nadine Kistler‰Engelmann (links), Erwin Kistler und Maria Löffler‰Kistler vom Konzertbür­o Augsburg.
Foto: Wagner Müssen seit 18 Monaten Veranstalt­ungen absagen: Nadine Kistler‰Engelmann (links), Erwin Kistler und Maria Löffler‰Kistler vom Konzertbür­o Augsburg.

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