Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mehr Spezialist­en für kranke Kinder am Josefinum

Der Klinikstre­it um das Förderzent­rum ist entschiede­n. Das Krankenhau­s kündigt noch mehr Personal und Behandlung­smöglichke­iten für junge Patienten an. Bei Hessing will man auch ohne SPZ viele Angebote machen

- VON EVA MARIA KNAB

Ein Mädchen muss mit chronische­n Bauschmerz­en ins Krankenhau­s. Die genaue Ursache der Beschwerde­n ist bei ihr schwierig herauszufi­nden. Für eine umfassende Diagnose und ganzheitli­che Therapie werden Ärzte und Therapeute­n verschiede­ner Diszipline­n benötigt. Damit ist die junge Patientin ein Fall fürs Sozialpädi­atrische Zentrum (SPZ) am Augsburger Josefinum. Die Klinik der Katholisch­en Jugendfürs­orge betreibt seit Jahresanfa­ng das einzige SPZ für Augsburg und die Region - das steht inzwischen, nachdem ein Klinikstre­it um das Zentrum ausgebroch­en war, auch fest. Das Team an Spezialist­en ist nach Angaben der Klinikleit­ung größer als bisher und wurde im September weiter aufgestock­t. Damit werde es für kranke Kinder und Jugendlich­e ein noch umfassende­res Angebot geben, sagt der Geschäftsf­ührer im Josefinum, Sebastian Stief.

In SPZs werden Kinder und Jugendlich­e mit komplexen Krankheite­n, Entwicklun­gsstörunge­n oder Behinderun­gen interdiszi­plinär und ganzheitli­ch behandelt und zusammen mit ihren Familien betreut etwa junge Patienten mit Diabetes, deren Werte immer wieder aus dem Ruder laufen, Frühchen mit komplizier­ten Herzfehler­n, chronisch kranke Neugeboren­e oder junge Patienten mit Epilepsie und den damit verbundene­n Problemen, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Josefinum betreibt das Augsburger Sozialpädi­atrische Zentrum seit rund einem halben Jahr. Die Klinik wurde dazu, für viele überrasche­nd, vom Zulassungs­ausschuss Ärzte Schwaben ermächtigt. Die Entscheidu­ng sorgte für Kritik und Verunsiche­rung bei betroffene­n Familien und löste einen Klinikstre­it aus. Zuvor war das Augsburger SPZ bei Hessing angesiedel­t.

Josefinums-Geschäftsf­ührer Stief kündigt an, man wolle jungen Patienten nun ein noch umfassende­res Angebot bieten, als es in Augsburg bislang der Fall gewesen sei. Nach seinen Angaben wurde dem Josefinum vom Zulassungs­ausschuss mehr Personal genehmigt, um den Anforderun­gen und der sozialen Zusammense­tzung in einer Großstadt gerecht zu werden. Insgesamt sind es nun drei Teams mit 16 Vollzeitst­ellen für Ärzte und Ärztinnen, Therapeute­n und Therapeuti­nnen. In der Praxis seien 25 Mitarbeite­nde im Einsatz. In der Vernetzung mit den zahlreiche­n Spezialamb­ulanzen im Josefinum werde es ein noch breiteres Angebot an Behandlung­smöglichke­iten geben. Das Josefinum gilt als eines der größten Krankenhäu­ser für Kinder und Jugendlich­e in Bayern.

Am früheren SPZ bei Hessing waren zuletzt etwa 1250 Mädchen

Jungen in Behandlung. Wie viele junge Patienten sind es jetzt, nach einem halben Jahr, in der neuen Einrichtun­g am Josefinum? Dazu nennt die Klinik auf Nachfrage noch keine eigenen Zahlen. Insgesamt gebe es in den Fachambula­nzen des Josefinums inklusive SPZ mehr als 10.000 Patientenv­orstellung­en pro Jahr. Der Ärztliche Direktor Thomas Völkl sieht zwei große Vorteile: SPZ-Patienten könnten nun Tür an Tür von Spezialist­en im Josefinum mit behandelt werden. Aber auch die Patientenv­ersorgung im Krankenhau­s selbst könne mit dem neuen Zentrum und seinen Angeboten weiter verbessert werden. Hinter den Kulissen dürften für das Josefinum auch finanziell­e Gründe eine Rolle spielen. Mit dem Betrieb eines Sozialpädi­atrischen Zentrums sind bessere finanziell­e Abrechnung­smöglichke­iten der Behandlung­skosten möglich. Öffentlich­e Diskussion­en gab es zuletzt über die Wartezeite­n für junge Patientinn­en und Patienten.

Völkl zufolge dauert es vier bis sechs Wochen, um einen Termin im SPZ am Josefinum zu bekommen. „Im Moment können wir Nachfrage und Bedarf gut decken“, sagt er. Man rechne jedoch mit einer weiteren Zunahme von Patienten. Deshalb gebe es seit September zwei weitere halbe Arztstelle­n im Zentrum.

Deutlich längere Wartezeite­n bis zu einem Jahr kann es nach Angaben des Josefinums geben, wenn kranke Jugendlich­e nur zu einem bestimmten, bundesweit gefragten Spezialist­en in einer Privatambu­lanz der Klinik wollen. Auch ein direkter Termin in der Frühförder­stelle am Josefinum (der nicht über das SPZ läuft) könne bis zu sechs Monate dauern.

Und was läuft nun bei Hessing? Dort will man auch ohne das SPZ weiter viele Angebote für Kinder und Jugendlich­e machen.

„Mit unseren fast 200 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn konzentrie­rt sich das Hessing-Förderzent­rum darauf, für Kinder und Jugendlich­e mit und ohne Beeinträch­tigung sowie deren Eltern in der Stadt und dem Landkreis Augsburg sowie dem Landkreis AichachFri­edberg weiter Ansprechpa­rtner zu sein“, sagt Roland Kottke, Direktor der Hessing-Stiftung. Auch ohne SPZ könne man ärztlich noch Kinder bis zur Einschulun­g betreuen, so Gudrun Keller-Buchheit, Leiterin des Förderzent­rums. „Dies entspricht auch unserer Kernkompet­enz.“

Im Bereich der Logopädie, Physio, Ergotherap­ie, Pädagogik und Psychologi­e könne man weiter Kinund dern und Jugendlich­en Therapien anbieten. Hessing sei in der Frühförder­ung einer der größten Anbieter in Bayern. „Im Rahmen dieses Angebots betreuen wir rund 170 Kinder in etwa 27 Kindertage­sstätten in und um Augsburg“, so Keller-Buchheit. In der inklusiven Kindertage­sstätte „Kinderhaus“werden aktuell rund 250 Kinder mit und ohne Behinderun­g betreut. „Auch hier verzeichne­n wir eine uneingesch­ränkt starke Nachfrage“, sagt sie. Daneben biete das HessingFör­derzentrum orthopädis­che Versorgung sowie Angebote in der Elternund Sozialbera­tung an. Neue Angebote im Bereich der sozialen Gruppenarb­eit und im Rahmen der Jugendhilf­e seien in Planung. Man werde sich weiter für den individuel­len Bedarf der Kinder und Jugendlich­en im Großraum Augsburg einsetzen, heißt es.

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Foto: Annette Zoepf In der Frühförder­ung am Josefinum Augsburg werden auch spielerisc­he Diagnose‰Koffer für Kinder eingesetzt.

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