Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Land als Festung
Die Strategie gerät an ihre Grenzen
Kein demokratisches Land hat sich in der Corona-Krise so abgeschottet wie Australien. Zehntausende Staatsbürger sitzen noch immer im Ausland fest. Andere, die raus wollen, sind quasi in Down Under eingesperrt. Bereits bei einer Hand voll Fällen wurden ganze Regionen unter Lockdown gestellt. Medien sprechen regelmäßig von der „Festung Australien“. In sozialen Netzwerken vergleichen wütende Bürger das Land sogar schon mit der Gefängniskolonie, die es einst war. „Wenn ich mir vorstelle, dass jemand in einem Land eingesperrt ist, dann klingt das für mich nach einem undemokratischen, totalitären System“, sagt Kim Rubenstein, Rechtsprofessorin an der Australian
National University (ANU). Doch die Isolationsstrategie hat lange Wirkung gezeigt – noch immer liegt die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit Covid-19 bei nur knapp über 1000. Aber seit Monaten breitet sich die Delta-Variante aus. Immer häufiger werden für ganze Regionen und Millionenmetropolen Lockdowns angeordnet – manchmal für eine Woche, manchmal – wie derzeit im Fall von Sydney – für Monate. Die Regierung des Bundesstaates New South Wales mit der Millionenstadt Sydney gestand nun ein, dass die Null-Covid-Strategie gescheitert sei. „Es ist unmöglich, die Delta-Variante zu eliminieren“, sagte Regional-Premierministerin Gladys Berejiklian. Bisher sei New South Wales erfolgreich darin gewesen, andere Varianten unter Kontrolle zu bringen. „Aber die Delta-Variante ist ein Wendepunkt – und jeder Bundesstaat in Australien wird früher oder später damit leben müssen.“Die Behörden versuchen derzeit, so schnell wie möglich 70 Prozent der Bevölkerung vollständig zu impfen, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Bislang sind in ganz Australiens erst 28,3 Prozent vollständig geimpft.