Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die besten Pilz‰Plätze

Wer noch nie Schwammerl gesucht hat, wird sich am Anfang schwertun. Doch oft sieht man bereits auf den ersten Blick, ob sich eine Suche nach den leckeren Fruchtkörp­ern lohnt

- VON MATTHIAS SCHALLA

Oft sieht man bereits auf den ersten Blick, ob sich eine Suche nach leckeren Pilzen lohnt. Experten geben Tipps für Erfolgserl­ebnisse im Wald.

Landkreis Augsburg Mit den Schwammerl­n ist es in der Regel so, wie mit günstigen Wohnungen. Kaum weiß man, wo es welche gibt, schon sind sie wieder weg. Doch das muss nicht sein. Schließlic­h bieten allein die Westlichen Wälder mehr als 60 000 Hektar bewaldete Fläche. Platz genug für Pilze aller Art, in aller Ruhe aus dem Boden zu schießen. Allerdings kennt nicht jeder die geheimen Stellen, die im Augsburger Land oftmals von Generation zu Generation weitergege­ben werden. Wir haben daher Experten gefragt, wie auch Neubürger mit wenigen Blicken erkennen, ob und wo sich eine Suche im Wald lohnen könnte.

Die gute Nachricht vorneweg. „Wir haben im Augsburger Land so viel Wald, dass man fast überall Pilze finden kann“, sagt Günther Groß vom Pilzverein Augsburg Königsbrun­n. Ein Waldgebiet aber können Sammler bei der Suche getrost außen vor lassen. „Der Augsburger Stadtwald ist aufgrund der Offenheit weniger gut geeignet“, sagt Groß. Er empfiehlt vielmehr die Westlichen Wälder.

Der Streitheim­er Forst bei Kruichen etwa oder die Wälder rund um Reinhartsh­ausen, Deuringen, Kissing, Mering oder Affing bieten beste Bedingunge­n. Hier führt der Verein auch immer wieder Exkursione­n für Besucher und Mitglieder durch, um auch auf die weniger bekannten Pilzarten aufmerksam zu machen. Denn überwiegen­d sind Steinpilze, Braunkappe­n oder Pfifferlin­ge des Sammlers Begehr.

Hubert Droste, Forstbetri­ebsleiter der Bayerische­n Staatsfors­ten in Zusmarshau­sen, ist ebenfalls ein leidenscha­ftlicher Pilzsammle­r. Er hat für Anfänger einige wichtige Tipps parat. „Die größten Chancen gibt es bei uns in den Wäldern mit einem Altbestand an Fichten oder in Mischgebie­ten mit Eichen und Buchen“, sagt er. Denn: Ausschlagg­ebend für das Vorkommen ist die Lebensgeme­inschaft zwischen Pilz und Baum. „Mykorrhiza“ist der Fachbegrif­f für diese Symbiose.

Mehr als 5000 Großpilze wachsen in unseren Wäldern und rund ein Drittel davon sind Mykorrhiza­pilze. Bei einem Teil davon handelt es sich um schmackhaf­te Speisepilz­e, der andere Teil ist giftig oder ungenieß

„Viele Mykorrhiza­pilze sind jedoch an ganz bestimmte Baumarten gebunden“, erklärt Droste. So sei dementspre­chend der Birkenpilz nur in der Nähe des gleichnami­gen Baums zu finden, ebenso der schmackhaf­te Kiefernblu­treizker. Auch die weniger bekannte „Krause Glucke“, die ohne Weiteres die Größe eines Fußballs erreichen kann und im Aussehen an einen grobkörnig­en Badeschwam­m erinnert, sei ausschließ­lich am Stammfuß von Kiefern zu finden. Für Anfänger eignen sich jedoch vor allem die klassische­n Fichtenwäl­der. Und hier kann der Pilz-Sammler noch einige Wochen lang auf üppige Funde hoffen.

Droste geht davon aus, „dass der Höhepunkt für den Fichtenste­inpilz noch nicht erreicht ist“. Auch Maronen und sogar Pfifferlin­ge seien in diesen Wäldern zu finden. Ein gut sichtbares Merkmal für ein ergiebiges Pilzgebiet ist auch die Bodenbesch­affenheit.

„Wenn der Waldboden mit Moos bedeckt ist, ist die Wahrschein­lichkeit am größten. Dann sind die Pilzkappen auch gut sichtbar“, sagt Droste. Andere Pilze wie Pfifferlin­ge würden hingegen auch die Nähe zu Farn, Gras oder Springkrau­t suchen. Weniger ratsam sei es jedoch, sich in Waldstücke­n mit Brombeerst­räuchern auf die Suche zu machen. Dort gebe es lediglich hin und wieder „Zufallstre­ffer“. Ungleich größer sei die Gebar. fahr, in den Dornen hängen zu bleiben und auf die Nase zu fallen.

Beliebt, wenn auch nicht so häufig wie die Braunkappe­n zu finden, ist der Parasol. Um ihn zu entdecken, gibt es einiges zu beachten. „Der Parasol wächst bevorzugt am Waldesrand in Wiesennähe“, verrät Pilzexpert­e Groß. Der auch „Gemeiner Riesenschi­rmling“genannte Fruchtkörp­er sei im Gegensatz zu den Klassikern eher in Wäldern mit Buchen- oder Eichenbest­and auf nährstoffr­eichen Böden im Hangbereic­h zu finden. Hier besteht für Anfänger allerdings die große Gefahr, den Parasol mit dem „spitzschup­pigen Schirmling“zu verwechsel­n. Dieser sei laut Groß „schwer giftig“und nur anhand der Schuppen sowie dem weißen Ring unter dem Fruchtkörp­er zu unterschei­den. Beim Parasol sei dieser verschiebb­ar, bei seinem giftigen Kollegen nicht.

Droste rät allen Anfängern daher, das erste Mal einen Bekannten mitzunehme­n, der bereits ausreichen­d Erfahrung hat. Auf keinen Fall sollten sich die Sammler auf eine PilzApp verlassen. Hier käme es immer wieder zu falschen Ergebnisse­n. Sinnvoller sei es, sich ein Bestimmung­sbuch zu kaufen. „Hat man dann seine ersten Pilze gefunden, sollten sie in einem mit Küchentüch­ern

Besser einen Bekannten als eine App mitnehmen

ausgelegte­n Korb gesammelt werden.“So würde die Feuchtigke­it bereits beim Transport aufgesogen. Schließlic­h besteht der Fruchtkörp­er zum großen Teil aus Wasser. Ein wenig leichter macht die anschließe­nde Putzarbeit auch ein spezielles Pilzmesser. Dieses hat auf der einen Seite eine gebogene Klinge und auf der anderen einen kleinen Pinsel für die erste Grundreini­gung noch im Wald.

Dermaßen vorbereite­t steht einer ertragreic­hen Pilzsaison nichts im Wege. Doch die Sammler haben in diesem Sommer aufgrund der Nässe eine starke Konkurrenz bekommen: Schnecken. Und diese Kriechtier­e sorgen momentan dafür, dass selbst der noch so gut gehütete Geheimplat­z schneller leer gefegt ist, als ein Immobilien­markt mit günstigen Wohnungen.

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Foto: Oliver Reiser Groß ist die Freude beim fast fünfjährig­en Leo, der im Wald einen Steinpilz entdeckt hat.

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