Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kampf gegen Terror

Die Macht der Bilder und die Fehler der USA

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Experten haben errechnet, dass es heute weltweit mehr Dschihadis­ten gibt als vor 9/11. Welche Fehler der USA und ihrer Verbündete­n haben zu dieser niederschm­etternden Bilanz geführt?

Islamistis­cher Terror lässt sich nicht alleine auf Anschläge reduzieren. Er lebt von Bildern und seiner Wandlungsf­ähigkeit. Die Fotos der bizarr aus dem Staub ragenden Reste der Twin Towers sind stille Mahnmale sinnloser Gewalt. In den Augen fanatische­r IS-Anhänger aber sind sie Symbole für den Sieg des Islams gegen den „Satan“USA.

Der Terrorexpe­rte Rolf Tophoven hat in seiner Analyse die Bedeutung weltweiter Vernetzung und Digitalisi­erung für die Propaganda des IS und seiner Ableger oder Al Kaida aufgezeigt. Eine bildergewa­ltige Propaganda, die dazu beigetrage­n hat, dass der IS trotz seiner vernichten­den militärisc­hen Niederlage in Syrien weiter Verblendet­e zulaufen. Die USA haben dazu unfreiwill­ig beigetrage­n – durch ihren atemlosen Aktionismu­s, ausgelöst durch den tiefen Schmerz und die Demütigung durch 9/11. Der Krieg gegen den Irak beispielsw­eise, aus falschen Gründen angefangen, war letztlich ein Rekrutieru­ngsprogram­m für Terrorgrup­pen.

Das perfide Kalkül der Terroriste­n, den Westen mit öffentlich­keitswirks­amen Anschlägen nicht nur zu Fehlern, sondern auch für alle sichtbar zur Aufgabe eigener Werte zu veranlasse­n, ging auf. Das Paradebeis­piel ist Guantanamo, das Gefangenen­lager für Terrorverd­ächtige auf einem US-Stützpunkt auf Kuba. Dort vegetieren Insassen über Jahre ohne Prozess und Anklage vor sich hin – nachweisli­ch auch völlig Unschuldig­e. Auch Folter ist dokumentie­rt. Als kontraprod­uktiv erwies sich auch Washington­s Reflex, die Macht von Terrorgrup­pen hochzurede­n, um harte Anti-Terror-Maßnahmen zu rechtferti­gen. So wurde aus Al Kaida ein weltumfass­ender Krake gemacht, der jederzeit und überall gezielt zuschlagen kann. Das war aber nie der Fall.

Die Machtübern­ahme der Taliban und der chaotische Abzug der Nato-Truppen haben nun neue Bilder geliefert – ganz im Sinne der Fanatiker.

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