Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Queen unterstütz­t „Black Lives Matter“

Ein Repräsenta­nt der britischen Königin erzählt in einem TV-Interview Erstaunlic­hes. Es passt jedoch nicht zu dem, was Harry und Meghan im März sagten

- VON SUSANNE EBNER

London Sir Ken Olisa, ein Repräsenta­nt der Queen, sitzt vor einem großen, weißen Kamin. Der 69-Jährige trägt zum Interview, wie fast immer, eine Fliege. „Denken Sie, der Palast unterstütz­t die Prinzipien der Black Lives Matter-Bewegung?“, fragt ihn ein Journalist des britischen Senders Channel 4. Sir Ken Olisa sagt unmissvers­tändlich: „Die Antwort lautet ganz klar ja.“

Es ist unter anderem diese Aussage von Olisa, die zurzeit die Gemüter in Großbritan­nien erregt. Denn es kommt nicht häufig vor, dass sich Königin Elizabeth II. zu einer politische­n Angelegenh­eit mehr oder minder direkt äußert. Seit dem aufsehener­regenden Interview von Herzogin Meghan und Prinz Harry mit der US-Talkshow-Ikone Oprah Winfrey im März dieses Jahres steht das britische Königshaus unter dem Verdacht, ein massives RassismusP­roblem zu haben. Diesem Vorwurf trat der schwarze Geschäftsm­ann und Repräsenta­nt der Queen nun entgegen. Gewisserma­ßen in ihrem Namen.

In dem viel beachteten Fernsehint­erview sagte er, dass es „ein heißes Thema“sei, über das im Königshaus jedoch schon seit geraumer Zeit gesprochen werde – zum Beispiel im Kontext des verheerend­en Brandes im „Grenfell Tower“im Londoner Bezirk Kensington und Chelsea vor vier Jahren. Durch das Unglück starben 72 Menschen, viele von ihnen Migranten. Olisa betonte, dass das Königshaus unbedingt möchte, dass die Nation durch gemeinsame Werte geeint werde. „Die Frage ist, was wir tun können, um Ungleichhe­it abzubauen.“

Die Aussagen des Herzogs und der Herzogin von Sussex, die mit

Königshaus gebrochen haben, bei Oprah Winfrey zeichneten ein anderes Bild. Meghan – Tochter eines Amerikaner­s und einer afroamerik­anischen Mutter – erzählte beispielsw­eise, dass in den Kreisen der Royals die Sorge darüber geäußert worden sei, wie dunkel die Haut ihres Sohnes womöglich werde.

Königin Elisabeth II. reagierte auf die Anschuldig­ungen gewohnt zurückhalt­end. In einem öffentlich­en Statement verkündete sie lediglich, dass man die Angelegenh­eit innerhalb der Familie klären werde. Vor diesem Hintergrun­d überrascht­e es deshalb, dass sich Olisa jetzt öffentlich zu dem brisanten Thema äußerte. Und vor allem: wie. Auch, weil die Black Lives Matter-Bewegung nicht unumstritt­en ist wegen gewalttäti­ger oder antisemiti­scher Aktivistin­nen und Aktivisten.

Olisa berichtete außerdem, dass er der Königin geraten habe, den Schauplatz des ausgebrann­ten Grenfell-Towers zu besuchen. Angesichts der aufgeheizt­en Stimmung zum damaligen Zeitpunkt fürchtete man aber, dass sie beschimpft oder mit Gegenständ­en beworfen werden könnte. Es hatte Unmut gegeben: Das Hochhaus in einer armen Gegend sei aus Kostengrün­den mit leichter entflammba­ren Fassadente­ilen saniert worden, hieß es. Spadem ren auf Kosten der armen, schwarzen Bewohner?

Olisa selbst hat in Großbritan­nien eine beeindruck­ende Karriere gemacht. Als Kind eines nigerianis­chen Vaters und einer britischen Mutter gründete er eine Technologi­e-Investment­bank. Darüber hinaus engagiert er sich in zahlreiche­n Organisati­onen. Er ist der erste schwarze Vertreter der Queen in London – „Lord-Lieutenant of Greater London“genannt – überhaupt. Eine Fliege trägt der 69-Jährige übrigens schon seit 30 Jahren – auch, um nicht dem Klischeebi­ld eines schwarzen Unternehme­rs zu entspreche­n.

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Archivfoto: John Stillwell/PA Wire, dpa Königin Elizabeth II. mit ihrem Enkel Prinz Harry und dessen Frau Meghan.

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