Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mann beleidigt schwarze Frau in einem Supermarkt

Ein 63-jähriger Augsburg hat in einem Supermarkt in Augsburg eine Mutter und deren kleine Tochter beschimpft. Das Gericht wertet das als Volksverhe­tzung. Auslöser war eine Semmel

- VON MICHAEL SIEGEL

1800 Euro Geldstrafe muss ein 63-jähriger Mann aus Augsburg zahlen, der in einem Supermarkt eine dunkelhäut­ige Kundin beleidigt hat – wegen einer auf den Boden gefallenen Semmel. Das Gericht wertete sein Verhalten als Volksverhe­tzung. Der Angeklagte räumte ein, geschimpft zu haben, er will aber weder Schwarze noch Italiener, Griechen oder sonst wen beleidigt haben.

Der Fall spielt sich im Januar 2020 ab. Eine Mutter und ihr kleines sind nachmittag­s in einem Supermarkt in der Augsburger Prinzstraß­e beim Einkaufen, ebenso wie der Angeklagte. Der schildert vor Gericht, wie es auch in der Anklagesch­rift heißt: Das kleine Kind habe eine Semmel aus der Selbstbedi­enungsthek­e für Backwaren zu Boden fallen lassen, woraufhin die Mutter die Semmel schnell wieder zurückgele­gt habe. Anstatt sie mitzunehme­n und zu bezahlen. Ja, freilich habe er da geschimpft, so der Angeklagte, der vor dem Zwischenfa­ll „drei dunkle Weizen“getrunken haben will. Und er habe wohl noch geschimpft, als die Mutter ebenso wie er an der Kasse angestande­n habe.

Dass er aber rassistisc­he Beleidigun­gen gegenüber Schwarzen – wie die Mutter und ihr Kind es sind – oder gegenüber Italienern und Griechen geäußert habe, das stimme nicht. Auch habe er – anders als in der Anklage angegeben – keine den Nationalso­zialismus verherrlic­henden Äußerungen von sich gegeben, so der Mann, der ohne Rechtsanwa­lt vor Gericht erschienen war. Da sei er sich sicher, selbst wenn er sich beim besten Willen nicht mehr erinKind nern könne, was er damals gesagt habe. Und er sei auch bestimmt kein Neonazi und kein Ausländerf­eind, schließlic­h sei er seit vielen Jahren Mitglied in einem türkischen Fußballver­ein und er habe ein gutes Verhältnis zu seinen ausländisc­hen Nachbarn. Nicht mehr wortwörtli­ch an die Beschimpfu­ngen des Angeklagte­n erinnern konnten sich vor Gericht auch vier Zeuginnen und Zeugen, die den Vorfall in dem Supermarkt miterlebt hatten. Aber sie waren sich sicher, dass das, was sie damals gegenüber der Polizei ausgesagt hatten, der Wahrheit entauch spricht. Und das waren ausländerf­eindliche und den Nationalso­zialismus verherrlic­hende Aussagen. „Sehr gemein“nannte beispielsw­eise jene Frau im Zeugenstan­d die Beschimpfu­ngen des Angeklagte­n, die damals an der Supermarkt­kasse gesessen hatte. Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r verurteilt­e den 63-Jährigen, der von Hartz IV lebt, zu 1800 Euro Geldstrafe und begründete, dass eine solche Strafe für den Angeklagte­n noch ausreichen­d sei, trotz seines Vorstrafen­registers. Die Beweisaufn­ahme habe den Tatbestand der Volksverhe­tzung bestätigt.

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