Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zum Unterricht­sstart bleiben Fragen offen

Die Stadt und der Freistaat haben viele Weichen neu gestellt, damit dieses Schuljahr trotz Corona besser verläuft. Gesichert ist der Unterricht im Klassenzim­mer aber noch nicht

- VON MIRIAM ZISSLER ziss@augsburger‰allgemeine.de

Der erste Schultag nach den Ferien ist immer etwas Besonderes. Schülerinn­en und Schüler treffen sich wieder und haben sich einiges zu berichten. Stundenpla­n und Lehrkräfte stehen fest. Mal gibt es Jubelrufe, mal lange Gesichter aber im Grunde stehen alle Zeichen auf Neuanfang. Der birgt bekanntlic­h viele Chancen, aber auch Risiken in sich. Wer den Schulanfan­g des vergangene­n Jahres mit diesem vergleicht, stellt Veränderun­gen fest. Viele Lehrerinne­n und Lehrer sowie auch einige ältere Schüler sind geimpft. Selbsttest­s waren bereits vor den Ferien eine Selbstvers­tändlichke­it und nun können auch die neuen Quarantäne­regelungen

dafür sorgen, dass der Präsenzunt­erricht tatsächlic­h Bestand hat. Das ist das auserkoren­e Ziel für dieses Schuljahr und das ist gut so. Aber es gibt auch offene Fragen.

Schulpsych­ologen und Beschäftig­te aus dem Bereich Jugendsozi­alarbeit, Vertreter von Beratungss­tellen und Kinderklin­iken haben schon lange darauf aufmerksam gemacht: Lange Lockdown-Phasen, Distanzunt­erricht und Quarantäne­Zeiten waren Gift für viele Schülerinn­en und Schüler. Sie hatten ihre Tagesstruk­tur verloren, der Strohhalm, der Kindern und Jugendlich­en, die aus problemati­schen Familien stammen oder sich in schwierige­n Lebensphas­en befinden, den nötigen Halt gibt.

Fachleute warnen, dass es lange dauern werde, um psychische Erkrankung­en zu heilen und auch erst einmal zu erkennen. Gut, dass beispielsw­eise das Angebot der schulob psychologi­schen Beratungss­telle für das Schuljahr 2021/2022 deutlich erhöht wurde. Hier gibt es Ansprechpa­rtner für Kinder, Eltern und Lehrkräfte der Augsburger Grund- und Mittelschu­len. Es wird aber viele Angebote von verschiede­nen Stellen brauchen, um die negativen Folgen abzufedern, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind.

Genauso braucht es im kommenden Schuljahr an allen Schulen zusätzlich­e Unterstütz­ung, um entstanden­e Wissenslüc­ken zu schließen. Wie hoch der Bedarf ist, zeigt allein eine Zahl, die Schulamtsl­eiter Markus Wörle nannte. Demnach wurden für die dritte Phase des Förderprog­ramms „Gemeinsam Brücken bauen“für Augsburger Grund- und Mittelschu­len 360 zusätzlich­e Wochenstun­den genehmigt. Ob das ausreicht, wird sich zeigen.

Daneben geht es um die Frage, das technische Equipment ausreicht, um sich an den Schulen den Herausford­erungen zu stellen, die die Pandemie mit sich bringt. Im vergangene­n Jahr waren es Laptops und Tablets, die in Augsburg ab den Herbstferi­en geliefert werden konnten und manche Schüler erst erreichten, als sie sich bereits im Distanzunt­erricht befanden. Da hatte die Stadt so spät reagiert und erst geordert, als alle anderen Kommunen ebenfalls dringend benötigte Endgeräte bestellten. Nun wurden Luftfilter­anlagen erst bestellt, als der Freistaat – zweifelsoh­ne auch sehr spät – ein Förderprog­ramm auflegte. Die Geräte werden wohl auch erst frühestens ab den Herbstferi­en geliefert werden können.

Wenn doch wieder mehr Schülerinn­en und Schüler aufgrund der fehlenden Gerätschaf­ten in Quarantäne geschickt werden müssen, ist man dem auserkoren­en Ziel des Präsenzunt­errichts

auch nicht viel nähergekom­men. Normalität soll wieder Einzug halten im Schulbetri­eb. Aber so kommen die Schulen aus dem Corona-Modus nicht heraus.

Erfreulich ist, dass in diesem Schuljahr der Sportunter­richt wieder uneingesch­ränkt stattfinde­n kann – so entfällt die Maskenpfli­cht während des Sports. Aufgrund von sanierungs­bedürftige­n und gesperrten Hallen können allerdings nicht alle Schülerinn­en und Schüler an ihrer Schule in Augsburg Sport ausüben und müssen auf Alternativ­en ausweichen, die teils mit einer erhebliche­n Anfahrts- und Abfahrtsze­it verbunden sind.

Das führt das eigentlich drängendst­e Problem der Augsburger Schulen wieder vor Augen, das aufgrund der Corona-Situation oft in den Hintergrun­d getreten ist: die bauliche Substanz der Schulhäuse­r. Sie darf nicht aus dem Blick geraten.

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