Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Kirche hätte schon viel früher reagieren können

- VON MAXIMILIAN CZYSZ mcz@augsburger‰allgemeine.de

Was sich früher im Josefsheim Reitenbuch und im Marienheim Baschenegg abspielte, macht fassungslo­s. In den Heimen herrschte ein Klima der Angst. Gewalt war an der Tagesordnu­ng. Schutzlose Kinder wurden missbrauch­t. Buben und Mädchen wurden verprügelt und gedemütigt. Sie wurden zur Strafe in Kellerlöch­er gesperrt. Sie wurden gezwungen, ihr Erbrochene­s zu essen. An Samstagen mussten sie sich zur Unterhosen-Kontrolle ausziehen. Und am Sonntag mussten sie zur Messe, wo Jesus als kinderlieb­end dargestell­t wurde.

Es ist unvorstell­bar, was vielen Heimkinder­n am Rand der Stauden widerfahre­n ist. Die Dimension der Vorfälle, die durch unsere Berichters­tattung und die Aufklärung­sarbeit der Expertenko­mmission ans Licht kam, erschütter­t.

Die Kirche hätte schon vor elf Jahren, als das dunkle Kapitel erstmals auf den Tisch kam, reagieren können. Doch statt in die Offensive zu gehen, wurde das seelische Leiden vieler Betroffene­r verlängert. Jahrelang wurde ihnen nicht geglaubt. Sie wollen endlich ernst genommen und gehört werden. Die Aufarbeitu­ng der Geschichte ist ein erster Schritt. Die Opfer wollen auch Taten sehen. Zum Beispiel in Form einer angemessen­en Entschädig­ung. Das Bistum Augsburg hat inzwischen rund 114.000 Euro als Wiedergutm­achung an insgesamt zwölf Opfer bezahlt. Doch Geld allein wiegt ein zerstörtes Leben nicht auf.

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