Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hirblinger wollen keine ICETrasse auf Gersthofer Flur
Die Bahn will eine ICE-Schnelltrasse bauen, um die Strecke Augsburg-Ulm in den Deutschlandtakt einbinden zu können. Eine Variante stößt den Bürgerinnen und Bürgern sauer auf
Gersthofen Mit dem Bahnprojekt Ulm-Augsburg sollen die Fahrzeiten des ICE zwischen beiden Städten verkürzt werden. So soll die wichtige Ost-West-Tangentiale in einen künftigen deutschlandweiten Fahrplantakt eingegliedert werden. Dazu soll eine zweigleisige ICESchnelltrasse entstehen, auf welcher die Züge bis zu 300 Kilometer pro Stunde erreichen können. Derzeit werden mehrere größere Varianten geprüft. Eine davon würde über Gersthofer Flur an Hirblingen vorbei parallel zur Autobahn über Adelsried nahe Zusmarshausen nach Burgau führen. Die Hirblinger Bürgerinnen und Bürger haben große Vorbehalte gegen diese Variante. Und sie haben Gründe dafür.
Der Streckenabschnitt UlmAugsburg ist rund 85 Kilometer lang, zweigleisig und mehr als 160 Jahre alt. „Er ist heute schon stark ausgelastet durch die gleichzeitige Nutzung von Güter-, Nah- und Fernverkehr“, betonte Frederike Geyer von der Projektkommunikation für das Projekt Ulm-Augsburg bei einer Veranstaltung des Bürgervereins Hirblingen. Zudem sei er Teil der wichtigen Magistrale für Europa, die von Paris bis Bratislava und Budapest verläuft. „Ulm-Augsburg ist das letzte Stück, das noch nicht neu überplant wurde und stellt einen Flaschenhals dar“, so Geyer weiter.
Künftig soll ein Zug ohne Halt in
Günzburg 26 Minuten statt bisher circa 40 Minuten von Augsburg nach Ulm brauchen. Nur durch eine Trennung von Nah- und Fernverkehr sei in Zukunft eine deutliche Stärkung des Nahverkehrs möglich. Derzeit werden Projektingenieur Tim Nottensteiner zufolge diese Trassen untersucht: Die südlichste führt ab Diedorf über Deubach, Dinkelscherben und Ichenhausen nach Ulm. Eine weitere führt ab Diedorf über Horgau und Zusmarshausen nach Burgau. Eine soll schließlich überwiegend entlang der Autobahn bei Hirblingen über Adelsried und Streitheim verlaufen. Derzeit wird hier ein Trassenbereich geprüft, der sich über 500 Meter Breite erstreckt und eine ICEStrecke sowohl südlich als auch nördlich der A8 ermöglicht.
An dieser Variante stießen sich die Hirblinger: „Was wird aus der Lärmbelastung“, wurde immer wieder gefragt. Schließlich habe sich trotz Lärmschutzwänden durch den Ausbau der A8 bereits die Unannehmlichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger erhöht. Tim Nottensteiner wollte sich noch nicht festlegen. Derzeit seien die Untersuchungen und Planungen nicht weit genug fortgeschritten, um zuverlässige Angaben zu machen. „Aber wenn die Kommune mitmacht, dann kann man beim Lärmschutz schon zusätzlich was tun“, fügte Frederike Geyer hinzu.
Derzeit laufen demzufolge die Untersuchungen für die verschiedenen Varianten. Von einem zunächst angelegten 500 Meter breiten Trassierungsbereich werde jetzt auf 20 Meter heruntergegangen. Das ist die Breite, welche zwei Gleise sowie die entsprechenden Nebenanlagen benötigen. „Dabei wird gleichzeitig auch schon untersucht, wo Brücken oder Tunnel benötigt werden und wo schwierige Höhenlagen herrschen“, so Tim Nottensteiner. Die Ergebnisse dieser engeren Vorplanungen sollen Geyer zufolge bis Mitte November vorliegen. Er macht aber deutlich: Eine Trasse genau über der Autobahn sei finanziell und technisch nicht machbar.
„Wann wird die ICE-Trasse fertig werden?“, wollte ein Bürger wissen. „Jeder Termin, den ich Ihnen heute nennen würde, wäre mit Sicherheit falsch.“, sagte Frederike Geyer. Nur eines sei sicher: Im Jahr 2024 müssten die Unterlagen sowie die von den Planern bevorzugte Variante dem Bundestag übermittelt werden. Dieser entscheide dann, ob nach den vorliegenden Kosten und weiteren Berechnungen überhaupt gebaut werden soll. „Wann gebaut werden kann, das hängt nicht zuletzt davon ab, wie viele Klagen beim Planfeststellungsverfahren eingehen.“
Schließlich beschlossen die Anwesenden Hirblinger, dass ein Brief an Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle und die DB Netz AG geschrieben werden soll. Unter anderem heißt es darin: „Eine Trassierung auf Gersthofer Flur ist unerwünscht, weitere Varianten sind zu prüfen.“Gefordert wird auch regelmäßige Vorstellung des jeweiligen Planungsstands. Außerdem soll die Stadt einen Fonds einrichten, damit etwaige Beratungs- und Anwaltskosten für Bürger bezahlt werden können, die Ihre Rechte geltend machen wollen. Weiter wurde beschlossen, dass der Bürgerverein Hirblingen zwei Vertreter in das Dialogforum absenden soll, in welchem regelmäßig über die Planungen informiert und zwischen Planern, Bürgern und Verbänden diskutiert wird. Zusmarshausen und Horgau haben bereits signalisiert, dass sie die bei ihnen vorbeilaufenden Pläne ablehnen.