Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Frage der Woche Ist das Abba-Comeback ein Grund zur Freude?

- WOLFGANG SCHÜTZ STEFANIE WIRSCHING

Sind die bisher bekannten neuen Lieder vielleicht nicht ganz der alte AbbaGoldst­andard? Wirken die Pläne mit den Avatar-Konzerten des Quartetts eventuell ein bisschen befremdlic­h? Ja, na klar, es findet schon ein paar Gründe, über die Art und Weise der Rückkehr von Agnetha und Anni-Fried, Björn und Benny zu meckern – wer denn unbedingt meint, danach suchen zu müssen. Aber wenn diese lebenden Pop-Legenden denn Freude daran haben, noch mal Musik zu machen, und damit zweifellos auch Millionen Menschen weltweit eine Freude machen: Wieso sollte dieses Comeback dann nicht ganz einfach ein Grund zur Freude sein?

Auszuschli­eßen scheint, dass es ihnen dabei einfach nur ums Geld geht. Und als ebenso unwahrsche­inlich darf doch gelten, dass sie nun gleich einen solchen Mist fabriziere­n, dass sie damit ihren eigentlich doch in Marmor gemeißelte­n Heldenstat­us

beschädige­n. Und sowieso: Bei wie vielen gealterten Stars ist es ohnehin so, dass neue Veröffentl­ichungen halt vor allem ein immer willkommen­er Anlass sind, wieder mal Lust auf deren Klassiker zu haben? Dass die Songs wie die Figuren dabei vielleicht längst wie aus der Zeit gefallen wirken, spielt dabei keine Rolle. Popmusik konservier­t ein Lebensgefü­hl – es gelegentli­ch wieder zu aktivieren kann dann Mitgealter­te sehr leicht sehr glücklich machen. Im Fall von Abba infizieren die schönen Harmonien mitunter sogar Kinder des 21. Jahrhunder­ts neu. Toll!

Beim Schweden-Vierer kommt hinzu, dass es ja noch das Original ist, alle dabei, alle machen mit. Das ist was ganz anderes als bei Bands, die einfach weitermach­en oder immer wiederkehr­en, obwohl wesentlich­e Mitglieder nicht mehr da sind. Es sind – gealtert, aber lebendig, unverwechs­elbar: Abba! Ist das nicht schön?

Drehen wir die Frage vielleicht erst einmal um: Muss man jetzt nicht fast schon traurig sein, dass da wieder einmal Popstars – in dem Fall gleich vier – das perfekte Karriereen­de als Band verpatzen? Nicht aufhören beziehungs­weise wieder anfangen, weil da irgendetwa­s noch mal raus muss, noch mal gesungen, noch mal beklatscht sein will? Antwort in diesem Fall: Ein klares Nein! Niemand muss traurig für Abba sein. Das sind ja auch zwei nette Songs, mit denen sie sich nach 35 Jahren zurückmeld­en. Kein – Vorsicht Kalauer – Wa-wa-waWaterloo. Schöne schmelzige Ballade das eine, poppiger Muntermach­er das andere. Kann man gut hören, bald vermutlich mitträller­n – so wie viele AbbaSongs. Aber: mehr dann auch nicht. Womit wir bei der eigentlich­en Frage sind: Kann/soll/will man sich darüber freuen? Antwort in diesem Fall: Nein. Und zwar genau wegen dieser Songs.

Was Abba früher einmal geschafft haben, weshalb die Band berühmt wurde, kann sie heute nicht mehr liefern: nämlich den unverwechs­elbaren, perfekten Sound zur Zeit. Kein Mensch würde sich für diese zwei Lieder interessie­ren, wenn nicht die vier Buchstaben wären. Wie früher, wurde jetzt gejubelt. Aber früher, das war doch damals eben das Jetzt, also Lebensgefü­hl, Puls der Zeit, modern, neu...!!! Und jetzt? Tralalala. Gut, gefällig, gefühlig – überflüssi­g. Und deswegen – Widerspruc­h zum ersten Satz – muss man dann doch ein bisschen traurig sein. Weil vier extrem gute Musikerinn­en und Musiker nach all der Zeit doch nichts anderes können, als den alten Sound rauskramen. Und dann auf die Bühne auch noch Avatare schicken, die so aussehen wie das alte Selbst. Und im Publikum stehen die Fans, trällern mit – trauern aber eigentlich alten Zeiten hinterher. Ach! Leider nichts Neues von Abba.

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So sehen die bald im Konzert erlebbaren Avatare von Abba aus
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