Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Frage der Woche Ist das Abba-Comeback ein Grund zur Freude?
Sind die bisher bekannten neuen Lieder vielleicht nicht ganz der alte AbbaGoldstandard? Wirken die Pläne mit den Avatar-Konzerten des Quartetts eventuell ein bisschen befremdlich? Ja, na klar, es findet schon ein paar Gründe, über die Art und Weise der Rückkehr von Agnetha und Anni-Fried, Björn und Benny zu meckern – wer denn unbedingt meint, danach suchen zu müssen. Aber wenn diese lebenden Pop-Legenden denn Freude daran haben, noch mal Musik zu machen, und damit zweifellos auch Millionen Menschen weltweit eine Freude machen: Wieso sollte dieses Comeback dann nicht ganz einfach ein Grund zur Freude sein?
Auszuschließen scheint, dass es ihnen dabei einfach nur ums Geld geht. Und als ebenso unwahrscheinlich darf doch gelten, dass sie nun gleich einen solchen Mist fabrizieren, dass sie damit ihren eigentlich doch in Marmor gemeißelten Heldenstatus
beschädigen. Und sowieso: Bei wie vielen gealterten Stars ist es ohnehin so, dass neue Veröffentlichungen halt vor allem ein immer willkommener Anlass sind, wieder mal Lust auf deren Klassiker zu haben? Dass die Songs wie die Figuren dabei vielleicht längst wie aus der Zeit gefallen wirken, spielt dabei keine Rolle. Popmusik konserviert ein Lebensgefühl – es gelegentlich wieder zu aktivieren kann dann Mitgealterte sehr leicht sehr glücklich machen. Im Fall von Abba infizieren die schönen Harmonien mitunter sogar Kinder des 21. Jahrhunderts neu. Toll!
Beim Schweden-Vierer kommt hinzu, dass es ja noch das Original ist, alle dabei, alle machen mit. Das ist was ganz anderes als bei Bands, die einfach weitermachen oder immer wiederkehren, obwohl wesentliche Mitglieder nicht mehr da sind. Es sind – gealtert, aber lebendig, unverwechselbar: Abba! Ist das nicht schön?
Drehen wir die Frage vielleicht erst einmal um: Muss man jetzt nicht fast schon traurig sein, dass da wieder einmal Popstars – in dem Fall gleich vier – das perfekte Karriereende als Band verpatzen? Nicht aufhören beziehungsweise wieder anfangen, weil da irgendetwas noch mal raus muss, noch mal gesungen, noch mal beklatscht sein will? Antwort in diesem Fall: Ein klares Nein! Niemand muss traurig für Abba sein. Das sind ja auch zwei nette Songs, mit denen sie sich nach 35 Jahren zurückmelden. Kein – Vorsicht Kalauer – Wa-wa-waWaterloo. Schöne schmelzige Ballade das eine, poppiger Muntermacher das andere. Kann man gut hören, bald vermutlich mitträllern – so wie viele AbbaSongs. Aber: mehr dann auch nicht. Womit wir bei der eigentlichen Frage sind: Kann/soll/will man sich darüber freuen? Antwort in diesem Fall: Nein. Und zwar genau wegen dieser Songs.
Was Abba früher einmal geschafft haben, weshalb die Band berühmt wurde, kann sie heute nicht mehr liefern: nämlich den unverwechselbaren, perfekten Sound zur Zeit. Kein Mensch würde sich für diese zwei Lieder interessieren, wenn nicht die vier Buchstaben wären. Wie früher, wurde jetzt gejubelt. Aber früher, das war doch damals eben das Jetzt, also Lebensgefühl, Puls der Zeit, modern, neu...!!! Und jetzt? Tralalala. Gut, gefällig, gefühlig – überflüssig. Und deswegen – Widerspruch zum ersten Satz – muss man dann doch ein bisschen traurig sein. Weil vier extrem gute Musikerinnen und Musiker nach all der Zeit doch nichts anderes können, als den alten Sound rauskramen. Und dann auf die Bühne auch noch Avatare schicken, die so aussehen wie das alte Selbst. Und im Publikum stehen die Fans, trällern mit – trauern aber eigentlich alten Zeiten hinterher. Ach! Leider nichts Neues von Abba.