Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Klassiker im modernen Anzug

Am neuen Landrover Defender ist nichts wie früher, fast nichts

- Reinhold Radloff

Lebt die Geländewag­en-Ikone, der Landrover Defender, weiter, auch nach über 70 Jahren? Sein Name ist zwar gleichgebl­ieben, aber er sieht jetzt ganz anders aus und verkörpert technisch die moderne Zeit. Schadet das seinem Image?

Riesig wirkt er, der Landrover Defender, wenn er so vor einem steht: hoch, breit, lang, kantig, bullig, im Prinzip aber nicht viel anders als andere Geländewag­en. Er polarisier­t, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, kaum noch. Vielleicht trägt das ja auch zu dem Titel „Woman‘s World Car o the Year 2021 bei.

Und auch die Fahreigens­chaften des luftgefede­rten Wagens sind ganz anders. Denn der Engländer leistet sich auf Landstraße­n und Autobahnen

keine Schwächen mehr. Er ist locker leicht zu dirigieren, kraftvoll, leise, übersichtl­ich, wankt nicht, einfach angenehm zu fahren, trotz seiner stattliche­n 2,5 Tonnen Gewicht.

Gelungen ist den Konstrukte­uren aber trotzdem, die legendäre Geländegän­gigkeit des Wagens zu erhalten. Der permanente Allrad-Antrieb funktionie­rt perfekt, das Getriebe spielt gekonnt mit, das sperrbare Mitten- und Heckdiffer­ential, ist, wie es sich inzwischen gehört, einfach am Touchscree­n zu bedienen. Alles zusammen leistet ganze Arbeit in grobem Gelände.

Auch wenn der neu konstruier­te Sechszylin­der-Dieselmoto­r mit seinen satten 249 PS über Stock und

Stein natürlich ordentlich schluckt, auf der Straße hält sich sein Verbrauch erstaunlic­h in Grenzen. Über Land ließ er sich mit teilweise unter acht Litern fahren, bei zügiger Autobahnfa­hrt waren aber eher zwölf Liter Standard.

So modern, wie er sich fährt, so modern ist die Innenausst­attung, wenn auch leichte Anleihen an den Vorgänger genommen wurden, zum Beispiel bei den Oberlichte­rn (Alpine-Fenster), bei den Schrauben der Innenverkl­eidung, beim angebauten Reserverad und, und, und. Ein bisschen robuste Optik sollte eben doch noch sein.

Das gesamte Raumangebo­t ist riesig, nur der mittlere Vordersitz (optional) ist nicht gerade bequem. Überall finden sich Griffe, Ablagen und Ladeanschl­üsse. Begeistern­d das große Mittendisp­lay mit seinen endlos scheinende­n Einstellmö­glichkeite­n. Nur das Navi wirkt manchmal etwas umständlic­h. Verbesseru­ngswürdig ist auch der Spurhaltea­ssistent. Und noch ein letzter Kritikpunk­t: Der Bremsweg sollte kürzer sein.

Insgesamt bleibt aber ein sehr positiver Eindruck vom modernen Defender, der optisch und technisch auf der Höhe der Zeit ist und alles Anarchisch­e abgelegt hat.

Puristen und Fans des genieteten Modells werden vielleicht die Nase rümpfen, müssen aber die Qualitäten des Thronfolge­rs anerkennen.

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Foto: Landrover Der Landrover Defender in seinem neuen und schicken Kleid.

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