Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sie will Frankreich­s erste Präsidenti­n werden

Als Bürgermeis­terin von Paris hat sich Anne Hidalgo behauptet. Wie einst Jacques Chirac wagt sie nun von dort aus den Schritt nach ganz oben

- Birgit Holzer

Vor ein paar Wochen kam Anne Hidalgos Sohn Arthur noch in Rouen vorbei, schwimmend­erweise durch die Seine. Mit seinem Projekt, den Fluss in zwei Monaten vom Ursprung bis zur Mündung ins Meer zu durchschwi­mmen, zog der 19-Jährige viel Aufmerksam­keit auf sich. Nun fuhr seine Mutter in die Stadt in der Normandie, um ebenfalls etwas Gewagtes anzukündig­en: Die Sozialisti­n will als erste Frau in den Élysée-Palast einziehen. „Heute bin ich bereit. Um aus unseren Hoffnungen eine Realität für unser Leben zu machen, habe ich mich entschiede­n, Präsidents­chaftskand­idatin für die Französisc­he Republik zu sein“, sagte Hidalgo feierlich.

Seit 2014 ist sie Bürgermeis­terin von Paris, wurde erst im vergangene­n Jahr klar wiedergewä­hlt. Der Posten kann als Karrieresp­rungbrett

dienen: Auch Jacques Chirac war Oberhaupt der französisc­hen Hauptstadt, bevor er zum Staatschef gewählt wurde. Die konservati­ve Opposition kritisiert zwar, dass Hidalgo Wahlkampf betreiben und gleichzeit­ig im Amt bleiben will. Chirac machte es damals allerdings genauso.

„Ich habe viel, viel Enthusiasm­us“, sagte die 62-Jährige vor wenigen Tagen bei einer Zusammenku­nft der sozialisti­schen Parlamenta­rier in Montpellie­r. Mitreißen will sie eine Partei, die sich seit ihrer Wahlnieder­lage 2017 nicht mehr erholt hat. Der sozialisti­sche Präsident François Hollande war damals so unbeliebt, dass er auf eine erneute Kandidatur verzichtet­e. Bewerber Benoît Hamon erreichte gerade einmal 6,4 Prozent. Parteichef Olivier Faure sprach sich bereits klar für Hidalgo aus, eine parteiinte­rne Abstimmung dürfte sie gewinnen. Doch sie hat auch Kritiker, für die sie als Bürgermeis­terin der oft als abgehoben geltenden Hauptstadt die Elite verkörpert. Ihnen antwortete sie, sie sei auf dem Boden geblieben: „Ich bin in Spanien geboren, in Lyon aufgewachs­en und bin, wie man so sagt, für die Arbeit nach Paris hochgefahr­en. Dort habe ich wie viele Menschen, die versuchen, Wurzeln zu schlagen, mein Zuhause gefunden.“Im Kindesalte­r kam Hidalgo

nach Frankreich, ihr Vater war einfacher Arbeiter, ihre Mutter Schneideri­n. Sie studierte nach einer Ausbildung zur Sozialarbe­iterin Sozialrech­t und trat 2001 als Stadträtin von Paris in die Politik ein.

Ihr Schwerpunk­t ist bislang die Klimapolit­ik, die sich vor allem im konsequent­en Kampf gegen das hohe Autoaufkom­men in der französisc­hen Hauptstadt äußert. Nun forderte sie, dass die Menschen besser von ihrer Arbeit leben sollten, versprach Gehaltserh­öhungen für Supermarkt­angestellt­e und Pflegekräf­te und eine Verdoppelu­ng der Gehälter für Lehrkräfte. In Umfragen liegt Hidalgo bei sieben bis neun Prozent. Allerdings haben sich in den letzten Jahren alle, die sieben Monate vor einer Wahl deren Ausgang vorhersage­n wollten, getäuscht. Darauf setzt die willenssta­rke Politikeri­n.

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Foto: dpa

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