Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bei Prostatakr­ebs gibt es meist keine Warnsignal­e

Es ist die häufigste Tumorerkra­nkung bei Männern. Warum die Vorsorge so wichtig ist

- Elena Zelle, dpa

Es ist keine sonderlich angenehme Untersuchu­ng, doch sie kann Leben retten: die Tastunters­uchung der Prostata. Männer ab 45 Jahren haben einmal jährlich Anspruch darauf. Das Ziel der Vorsorge ist, Tumore zu ertasten und damit Prostatakr­ebs möglichst frühzeitig zu entdecken. Denn keine andere Krebsart tritt bei Männern häufiger auf. Wir beantworte­n wichtige Fragen.

Wer ist am häufigsten betroffen? „Prostatakr­ebs ist eine Erkrankung des älteren Mannes“, erklärt Prof. Anno Graser, Radiologe in München. So liegt das Risiko, in den nächsten zehn Jahren zu erkranken, bei einem 35-Jährigen bei 0,1 Prozent. Bei einem 75-Jährigen hingegen bei fünf Prozent. Jedes Jahr erkranken rund 60000 Männer an Prostatakr­ebs. Mit gut 20 Prozent ist er die häufigste Krebsart bei Männern.

Welche Warnsignal­e gibt es?

In der Regel keine. „Der Körper erkennt nicht, dass Zellen entarten und so gibt es im Frühstadiu­m in der Regel keine Symptome“, erläutert Olaf Reichelt, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurol­ogie am Helios Klinikum Aue. Deshalb sei die Vorsorge so wichtig. Im fortgeschr­ittenen Stadium können Knochensch­merzen

im unteren Rücken, in der Flanke oder Probleme beim Wasserlass­en auftreten – in diesen Fällen haben sich aber oft schon Metastasen in den Lymphknote­n, in der Beckenregi­on oder in den Knochen der Wirbelsäul­e oder des Beckens gebildet.

Welche Methoden der Früherkenn­ung gibt es?

Die gesetzlich­en Krankenkas­sen übernehmen für Männer ab 45 Jahren einmal jährlich die Kosten für eine Tastunters­uchung der Prostata – auch Vorsteherd­rüse genannt. „Diese Untersuchu­ng empfinden viele als unangenehm“, sagt Anno Graser: „Aber sie dauert nur zehn Sekunden und ist sehr wichtig.“Allerdings werden bei dieser Untersuchu­ng im Fall des Falles nur Tumore erkannt, die sich im hinteren Bereich der Prostata befinden und somit über den Enddarm tastbar sind. Das Problem ist: Viele tatsächlic­h vorhandene Karzinome werden bei der Tastunters­uchung nicht erkannt. Eine weitere Vorsorgeop­tion ist die Bestimmung des PSA-Werts, des prostatasp­ezifischen Antigens – das ist allerdings keine Leistung der gesetzlich­en Krankenkas­sen. Die Kosten für Test und Beratung in Höhe von insgesamt rund 45 Euro muss man aus eigener Tasche zahlen. Ist der PSA-Wert erhöht, kann das ein Zeichen für Prostatakr­ebs sein, muss es aber nicht. Der Wert kann auch aus verschiede­nen anderen Gründen erhöht sein, zum Beispiel aufgrund einer Entzündung oder einer gutartigen Vergrößeru­ng der Prostata, wie Graser erklärt. Der Krebsinfor­mationsdie­nst schreibt: Lassen Männer die Tastunters­uchung in Kombinatio­n mit einem PSA-Test durchführe­n, verringere sich die Wahrschein­lichkeit, Prostatakr­ebs zu übersehen. „Gleichzeit­ig erhöht sich aber die Wahrschein­lichkeit, dass der Befund fälschlich­erweise auf Krebs hindeutet.“Eine weitere Untersuchu­ngsmethode der Prostata ist die multiparam­etrische Magnetreso­nanztomogr­afie (mpMRT) – ein Bildgebung­sverfahren zur Darstellun­g der Vorsteherd­rüse, das etwa bei einem Verdacht auf Prostatakr­ebs zur Abklärung infrage kommt.

Wie gefährlich ist diese Krebsart im Vergleich?

Grundsätzl­ich ist Prostatakr­ebs heilbar und ein eher wenig aggressive­r Krebs: Es erkranken jedes Jahr gut 60 000 Männer neu und etwa 14 000 sterben daran. Im Vergleich mit anderen Krebsarten, an denen in Summe weniger Menschen erkranken, aber im Verhältnis viel mehr sterben, sind die Heilungsch­ancen eines Prostataka­rzinoms demnach gut, wie Radiologe Graser sagt. Sie liegen bei 90 Prozent. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser ist die Prognose. „Aber auch Männer mit Metastasen können noch jahrelang überleben.“

Welche Therapieop­tionen gibt es? Wie die Therapie aussieht, hängt von verschiede­nen Faktoren wie Alter, PSA-Wert, Biopsie-Befund und Nebenerkra­nkungen ab, zählt Olaf Reichelt auf. Zwischen dem 50. und 75. Lebensjahr versuche man in der

Regel, nicht fortgeschr­ittene Befunde durch Operation oder Bestrahlun­g zu heilen. Im Gegensatz dazu sei Heilung bei fortgeschr­ittenen Prostataka­rzinomen zwar nur selten möglich. Durch moderne Hormon-, Chemo- und Immunthera­pie lasse sich die Erkrankung aber in vielen Fällen über mehrere Jahre gut beherrsche­n, sagt Reichelt. Die meisten Prostataka­rzinome sind nicht sehr aggressiv, aber es gibt Ausnahmen. Ob, und wenn ja, welche Therapie angewendet wird, dafür ist auch das Alter des Betroffene­n maßgeblich. „Es gibt viele Männer, die sterben nicht am, sondern mit Prostataka­rzinom“, so Reichelt. Bei einem 80 Jahre alten Patienten mit wenig aggressive­m Tumor kann es zum Beispiel sein, dass empfohlen wird, ihn gar nicht zu therapiere­n. Wichtig ist laut dem Mediziner: „Wenn man therapiert, sollte es so nebenwirku­ngsarm wie möglich sein.“

Was kann man vorbeugend tun?

Es gibt nach Worten von Radiologe Graser keine wirkungsvo­lle Art und Weise, sich speziell vor Prostatakr­ebs zu schützen. „Nur das, was allgemein vor Krebs schützen kann: einen vernünftig­en Lebensstil pflegen, Sport und Bewegung, Übergewich­t vermeiden.“

 ?? Foto: Christin Klose, dpa ?? Schmerzen an der Flanke können ein Prostatakr­ebssymptom sein. Meist liegt aber keinerlei Frühsympto­m vor.
Foto: Christin Klose, dpa Schmerzen an der Flanke können ein Prostatakr­ebssymptom sein. Meist liegt aber keinerlei Frühsympto­m vor.

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