Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Augsburg als Karrieresprungbrett“
Kommendes Jahr wird Barbara Staudinger das Jüdische Museum Augsburg Schwaben verlassen – in Richtung Wien. Sie spricht darüber, warum der Wechsel an der Spitze eines Hauses aber auch sein Gutes hat
net, das haben mir viele Augsburgerinnen und Augsburger gesagt. Sie ist bunter geworden, in jeder Hinsicht. Dieser Prozess wird weitergehen. Auch der Prozess der Vernetzung der Kulturinstitutionen zur gegenseitigen Unterstützung, in dem ich hoffe, einen Stein dazu beigetragen zu haben. Ich finde es wichtig, dass Kulturinstitutionen nicht nur konkurrieren, sondern auch gemeinsame Aktionen starten. Es geht ja um die Kultur und die Bevölkerung von Augsburg und von Schwaben. Da ziehen wir alle an einem Strang. In den nächsten Jahren wird noch einiges in Augsburg passieren. Und ich freue mich, dass ich Augsburg in den letzten Jahren auf diesem Weg begleitet habe und noch ein bisschen begleiten werde.
Welche Rolle spielt das Jüdische Museum Augsburg Schwaben in dieser Stadt?
Staudinger: Es spielt eine zentrale Rolle, nicht nur durch die Lage der Synagoge in der Halderstraße, sondern auch in seiner Position in der Stadtgesellschaft. Auf der einen Seite sprechen wir als Museum einer Minderheit auch Anliegen von anderen Minderheiten an, das ist ganz wichtig. Es geht in Augsburg viel um das Zusammenleben, da bemüht sich die Stadt auch sehr. Auch im Bereich der Erinnerungskultur wird dem Museum zu Recht ein besonderer Platz eingeräumt. Es freut mich, wie zunehmend auch junge Leute das Museum besuchen und annehmen.
Im ersten Gespräch mit unserer Zeitung haben Sie gesagt, Museum muss raus auf die Straße. Ist Ihnen das gelungen?
Staudinger: Auf jeden Fall. Wir haben viel auf der Straße gemacht, ich erinnere an den Walk durch Augsburg 2019 mit Projektionen von Julia Zdarsky oder ich erinnere an die Corona-Zeit und unsere AussagenAusstellung. Wir haben einen Popup-Store in der Innenstadt gehabt, eine Malaktion mit Verena Kandler gemacht. Wir haben auf unterschiedliche Weise gezeigt, wie man Museum raus in den öffentlichen Raum bringen kann, und setzen das noch fort.
Das nehmen Sie als Erfahrung nach Wien mit?
Staudinger:
Ganz sicher.
Was nehmen Sie noch in Ihren verbleibenden Augsburger Tagen in Angriff?
Staudinger: Wir haben tolle Ausstellungen, die wir gerade vorbereiten. Anfang Dezember eröffnet unsere neue Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“. Das ist eine Kooperationsausstellung mit dem Jüdischen Museum Hohenems und der Gedenkstätte Flossenbürg. Die zentrale Frage ist, wie es weitergeht, wenn die letzten Zeitzeugen gestorben sind. In welche Richtung wird sich die Erinnerungskultur entwickeln? Wir schauen zurück, wie sich Zeitzeugenschaft entwickelt hat. Da hat Augsburg mit Gernot Römer eine besondere Geschichte. Als Zweites bereiten wir die zweite künstlerische Intervention in die
Dauerausstellung unter dem Titel „Judenbilder“vor. Und wir planen gerade eine Wanderausstellung über einen antisemitischen Vorfall aus der schwäbischen Provinz. Ein Fall aus Memmingen, der allerdings überall hätte spielen können.
Was stand noch auf Ihrer Agenda, das Sie Ihrer Nachfolge hinterlassen?
Staudinger: Das größte Projekt, das spannendste Projekt und eigentlich auch ein Herzensprojekt von mir ist die Konzeption der neuen Dauerausstellung, die nach der Beendigung der Sanierung der Synagoge ansteht. Es gibt bereits ein Konzept, das ich der Nachfolge vorstellen werde. Was sie oder er damit macht, ist allerdings nicht mehr in meiner Hand. Es ist eine Großaufgabe, für die wir schon einiges an spannenden Geschichten gesammelt haben.
Wann steht das an?
Staudinger: Das kann ich nicht sagen, da die Sanierungsarbeiten noch nicht begonnen haben und zeitlich äußerst schwierig zu planen sind. Es wird wohl noch einige Jahre dauern.
„Die Konzeption der neuen Dauerausstellung“
Barbara Staudinger, 1973 in Wien geboren, leitet seit 2018 das Jüdi sche Museum Augsburg Schwaben. Sie wechselt 2022 nach Wien.