Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Große Radsternfa­hrt zur Automesse

Beim Start in Augsburg sind rund 250 Radler dabei, später über 300 und am Ende rund 1500. Teilnehmer kommen bis aus Frankfurt. Ein Unfall mit Rettungshu­bschrauber an der Strecke sorgt für Unruhe

- VON EVA MARIA KNAB

Markus Schlegel ist schon fast 500 Kilometer geradelt, als er am Samstagmor­gen um 8 Uhr in der KonradAden­auer-Allee an den Start geht. Der 32-Jährige ist einer von vielen Teilnehmer­n an der großen Radsternfa­hrt von Augsburg nach München, die zur Demo gegen die Automesse IAA führen soll. Schlegel ist mit einer Gruppe am Montag in Frankfurt aufgebroch­en, um bis Samstag in Augsburg zu sein. Warum er bei der Raddemo mitmacht? „Mich bewegt der große Verbrauch von Flächen, die Autos vorbehalte­n sind, da hat die IAA keine Antwort drauf, dort geht es immer nur um Autos“, sagt Schlegel.

Nachts hat es geregnet. Trotzdem trudeln am frühen Samstagmor­gen am Start immer mehr Radler ein, die nach München mitfahren wollen. Organisato­r Arne Schäffler vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ist erleichter­t, dass das Wetter passt. „Es ist nicht zu heiß und nicht zu kalt, und wir hoffen, dass wir trocken über die Runden kommen“, sagt er. Der Augsburger Demozug muss eine Strecke von 75 Kilometern nach München bewältigen. Schäffler sagt, es sei die längste Strecke der großen Sternfahrt, die durchgehen­d geradelt werde. Vor

fährt ein motorisier­tes Begleitfah­rzeug mit, um den Teilnehmer­n bei Problemen oder Pannen weiterhelf­en zu können.

Die Stimmung am Start ist gut. Rund 250 Radler sind nach Angaben der Polizei gekommen, viele haben Transparen­te dabei, einer hat seinen eigenen kleinen Wohnwagen am Rad. Der Augsburger Bernhard Kammerer läuft mit einer Papiertasc­he voller Brezen herum. Es ist eine Spende der Bürgerakti­on Pfersee, damit sich Teilnehmer, die noch nicht gefrühstüc­kt haben, noch stärken können. „Ich finde die Aktion gut, es ist Zeit für eine Verkehrswe­nde“, sagt er.

Unter denen, die mitradeln, ist Werner Weger, 70. „Ich fahre mit, aber nicht die ganze Strecke, das ist mir zu weit.“Auch er ist der Ansicht, dass mehr für den Radverkehr getan werden muss. In Augsburg gebe es in der Innenstadt noch viele gefährlich­e Stellen. Die Sternfahrt nach München werde zwar nichts nützen, glaubt er. Richtig findet er sie aber schon.

Anne Baxter aus Stadtberge­n hat sich vorgenomme­n, die gesamte Strecke nach München durchzuhal­ten. Die 39-Jährige ist überzeugte Radlerin und in der Stadt auch mit Hund und Kind auf dem Rad unterwegs. „Wir haben kein eigenes Auto und machen Carsharing“, sagt sie. Baxter findet, dass in Augsburg für Radfahrer und Radfahreri­nnen einiges verbessert wurde. Trotzdem müsse die Infrastruk­tur weiter ausgebaut werden, um den Radverkehr zu stärken, etwa mit durchgehen­den Radstrecke­n in der Stadt, entspreche­nden Ampelschal­tungen und genügend Stellplätz­en auch für Lastenräde­r. Autofahren sei in Augsburg noch immer bequemer, meint sie.

Der Tross von Radlern wird auf der Tour aus der Stadt in die Region in Richtung München von einem Großaufgeb­ot an Sicherheit­skräften begleitet. Es gibt abschnitts­weise Verkehrssp­errungen. Damit haben die Radler in der Stadt Vorfahrt und sogar auf der viel befahrenen B2 durch den Landkreis Friedberg freie Bahn. Nach Angaben der Polizei kommt es zu dieser frühen Uhrzeit zu keinen größeren Behinderun­gen für den motorisier­ten Verkehr. Auf dem Weg schließen sich dem Demozug immer mehr Radler an, sodass er sich bis zu 200 Meter in die Länge zieht und es an einigen Stellen zu kleinen Staus kommt. An der Grenze zum Landkreis Fürstenfel­dbruck zählt die Polizei über 300 Teilnehsic­htshalber mer. Einige Passanten am Straßenran­d sind erstaunt über diese Menge von Radlern. Feuerwehrl­eute, die bei Friedberg zur Sicherung der Strecke abgestellt sind, winken freundlich.

Dann macht unter den Radlern ein Gerücht die Runde, das für Unruhe sorgt. Ein Radfahrer in Mering sei tödlich verletzt worden, heißt es zunächst über Mundpropag­anda. Der gesamte Tross müsse umgeleitet werden. Tatsächlic­h gibt es nach Angaben der Polizei einen schweren Unfall, tödlich ist er aber nicht, betroffen ist ein Rollerfahr­er. Gegen 8 Uhr morgens sei er allein beteiligt gestürzt, und zwar auf der Staatsstra­ße 2380 von der Lechstaust­ufe kommend an der Einmündung zur B2. Nach Angaben der Polizei wurde der Rollerfahr­er mittelschw­er verletzt und mit dem Rettungshu­bschrauber ins Krankenhau­s geflogen. Der Demozug ist von dem Unfall nicht betroffen und kann auf der geplanten Strecke nach München weiterfahr­en.

Unterwegs stoßen in Germering und Gräfelfing noch weitere Gruppen hinzu, sodass es nach Angaben von Schäffler rund 1500 Radler sind, die in München ankommen. Bis auf eine kleine Reparatur sei alles gut gelaufen, zieht Schäffler am Nachmittag Bilanz.

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Fotos: Michael Hochgemuth Bei der Radsternfa­hrt zur Demo gegen die Automesse IAA in München hat der Tross freie Bahn, auch auf der B2.
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Joachim Schleicher (links) und Markus Schlegel kamen bis aus Frankfurt zur Rad‰ sternfahrt.

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