Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was sich Eltern vom neuen Schuljahr erhoffen
Hinter den Söhnen von Manuela vom Wege und dem Ehepaar Hohn liegen eineinhalb Jahre schulischer Ausnahmezustand. Nur negativ sehen die Familien diese Zeit aber nicht
Auch wenn die Gymnasien während der Pandemie versucht haben, keine allzu großen Lücken bei den Schülern entstehen zu lassen, schauen die Eltern sehr genau, wie es in diesem Jahr mit dem Unterricht weitergeht. Denn egal ob Abschlussklasse oder unterer Jahrgang – die Kinder sollen schließlich die Grundlagen für ein gutes Abitur und den Einstieg ins Berufsleben haben.
„Ich bin sehr gespannt, wie es in diesem Schuljahr weitergeht“, sagt Schülermutter Manuela vom Wege. „Weniger, wie die Schüler klarkommen, sondern, wie die Schule mit den Erkenntnissen des letzten Jahres umgeht“, sagt sie. Ihr 13-jähriger Sohn Johann besucht im neuen Schuljahr die achte Klasse auf dem Maria-Theresia-Gymnasium in Augsburg.
„Ich finde, die Schule hat im letzten Schuljahr ihre Aufgabe gut gemacht“, so vom Wege. Die Schüler hätten durch Homeschooling Fähigkeiten erlangt, die ohne die Pandemie wohl nie zustande gekommen wären. „Von einer ‚verlorenen Generation‘ zu sprechen, trifft die Sache absolut nicht“, so die Mutter. „Vielleicht haben sie nicht den gesamten Stoff gelernt, dafür aber viele andere Dinge.“
„Die Kinder sind jetzt auf einem Stand, wo sie selbstständig arbeiten und lernen können“, so vom Wege. Alle Kinder seien beispielsweise in der Lage, Videokonferenzen durchzuführen oder selbstständig Lernstoff im Internet zu recherchieren. „Das ist mal etwas, was sie direkt im Berufsleben brauchen können“, findet sie. „Ich fände es schade, wenn diese Fähigkeiten nicht weiter genutzt würden.“Große Hoffnungen hat sie aber nicht. „Der Lehrplan ändert sich ja nicht.“
Vom Wege würde sich auch wünschen, dass die Schulen gut überlegen, welche Lücken jetzt geschlossen werden müssen, und worauf man verzichten kann. „Natürlich gibt es Stoff, der unverzichtbar ist, weil auf ihn aufgebaut wird“, sagt sie. Aber einiges sei sicher verzichtbar und würde den Druck von den Kindern nehmen, zusätzlich zum aktuellen Lernstoff auch noch nacharbeiten zu müssen.
Um die Gesundheit ihres Sohnes macht sie sich keine Sorgen. „Wir sind alle geimpft, für uns ist Corona vorbei“, sagt sie. Dass zum Schutz der ungeimpften Kinder auch weiterhin Maske im Unterricht getragen werden muss, findet sie in Ordnung, wenn es auch eine Belastung für die Schüler darstelle. „Bei ungeimpften Erwachsenen hält sich mein Ver
dagegen in Grenzen“, betont die Mutter.
Auch Anna und Mathias Hohn sind vollständig geimpft. „Ich habe es gemacht, damit wir wieder ein normales Leben führen können“, sagt die 39-jährige Ehefrau. Mit dem „normalen Leben“meint Anna Hohn nicht nur ihre persönlichen Freiheiten, wie etwa den Besuch eines Konzerts, sondern vor allem ein entspannteres Schuljahr für ihren achtjährigen Sohn Jonathan. „Es soll auch mal wieder schöne Sachen wie Feste oder Sport in Gruppen geben und nicht nur das Abarbeiten von Stoff.“
Die Hohns wollen nicht jammern. Sie sind sich ihrer Privilegien als Beständnis wohner eines Hauses durchaus bewusst. „Wir waren viel draußen spazieren und im Garten“, erzählen sie. Insbesondere das große Trampolin sei Gold wert gewesen, als während des ersten Lockdowns sogar die Spielplätze geschlossen waren. Auch ist die vierköpfige Familie, zu der noch Töchterchen Fiona, 4, zählt, vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen – ohne Infektionen, fast ohne Quarantäne und mit sicheren Arbeitsplätzen. Als Jugendsozialarbeiterin an einer Grund- und Mittelschule habe sie sogar mehr Arbeit denn je gehabt, erinnert sich Anna Hohn an zahlreiche Gespräche im Schulhof auf Abstand.
Nicht nur sie und ihr Mann wünschen sich, dass die Pandemie mit all ihren psychischen Belastungen bald ein Ende hat. Auch Jonathan, der jetzt in die dritte Klasse kommt, will „keinen Lockdown“mehr. Dieses Wort geht dem Jungen locker von den Lippen. Seine Eltern haben überhaupt den Eindruck, dass er den Ausnahmezustand inklusive Homeschooling gut bewältigt hat. „Am schlimmsten fand ich allerdings den Wechselunterricht“, sagt Anna Hohn. An diesem Dienstag wird der Achtjährige erstmals nach den Ferien wieder seine Grundschule besuchen. Das Maskentragen würden ihm seine Eltern zwar gerne ersparen. Doch sie nehmen dieses lästige Utensil ebenso in Kauf wie die regelmäßigen Tests. Sein Sohn handhabe das schon sehr routiniert, ist Mathias Hohn fast ein wenig stolz, wie Jonathan mit den Begleiterscheinungen von Corona umzugehen gelernt hat. „Wir hoffen jetzt wirklich auf Regelbetrieb, denn in der dritten Klasse wird es ernster“, sagt der Vater im Hinblick auf die Weichenstellung für die weitere Schullaufbahn. Der Achtjährige hat Schule unter Normalbedingungen nur als Erstklässler im ersten Halbjahr erlebt.
Und sie hoffen darauf, dass ihre Kinder weiterhin Freunde treffen können. Selbst während der Hochzeit der Pandemie hätten sie im Freien zugelassen, was möglich war. „Ganz ohne Kontakte zu sein, hätten wir ihnen nicht zumuten können.“Nach wie vor konzentrierten sich die Freundschaften der Kinder aber auf einen sehr kleinen Kreis. Anna und Mathias Hohn sehen das als Beleg dafür, wie sich die Corona-Regeln bei ihren Kindern verfestigt haben – so auch das regelmäßige Händewaschen.