Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Großbrand: Nur eine Ruine bleibt übrig

Warum die Löscharbei­ten an einem historisch­en Wohn- und Geschäftsg­ebäude einen dramatisch­en Großeinsat­z auslösen, der das ganze Wochenende dauert. Die Karolinens­traße bleibt am Montag gesperrt

- VON EVA MARIA KNAB UND JÖRG HEINZLE

Von einem der schönsten historisch­en Gebäude in der Karolinens­traße ist nur noch eine Ruine übrig. Nach einem verheerend­en Brand in dem denkmalges­chützten Wohnund Geschäftsg­ebäude am Wochenende muss es wohl ganz abgerissen werden. Die Löscharbei­ten gestaltete­n sich extrem schwierig. Sie dauerten rund eineinhalb Tage bis zum frühen Sonntagmor­gen. Aus Sicherheit­sgründen bleibt die Karolinens­traße auch am Montag gesperrt, denn der Brand hatte weitreiche­nde Folgen – auch für das Augsburger Trinkwasse­r.

Als das Feuer am Freitag gegen 17.20 Uhr ausbricht, steht den Feuerwehrl­euten ein kräftezehr­ender Einsatz bevor. Die Hitze ist enorm. Für die Feuerwehrl­eute, die mit schwerem Atemschutz in den brennenden Dachstuhl des Hauses vordringen, ist der Löscheinsa­tz gefährlich. Mehrere Einsatzkrä­fte bekommen kurzzeitig Kreislaufp­robleme, sie werden vorsorglic­h von Sanitätern untersucht. In dem Brandhaus müssen nach Angaben von Ordnungsre­ferent Frank Pintsch insgesamt fünf Bewohner evakuiert werden. Drei sind leicht verletzt. Insgesamt sind rund 20 Personen in dem Haus gemeldet, das nun nicht mehr bewohnbar ist.

Der Brand löst einen Großeinsat­z aus. Rauch zieht vor allem in die Altstadt. Lautsprech­erwagen der Feuerwehr fahren durch die Innenstadt und fordern die Menschen auf, Fenster und Türen geschlosse­n zu halten. Die Warn-App Nina des Bundesamte­s für Bevölkerun­gsschutz gibt eine Warnmeldun­g heraus. Noch am Abend beginnt die Kriminalpo­lizei mit Ermittlung­en zur Brandursac­he. Es gebe Hinweise, dass ein technische­r Defekt am Akku eines E-Rollers Auslöser gewesen sein könnte, hieß es. Ein Ergebnis lag bis Sonntag nicht vor.

Die Stadt richtet einen Krisenstab ein, denn der Brand ist extrem schwierig zu löschen. „Wir müssen den Dachstuhl von oben abdecken, um an die Glutnester unter dem Blech zu kommen“, sagt Feuerwehrs­precher Friedhelm Bechtel am Samstag. Sonst drohe, dass das Feuer immer wieder ausbricht. Es bestehe auch die Gefahr, dass Giebel des Hauses einstürzen.

Als sich abzeichnet, dass das rund 400 Jahre alte Baudenkmal in der jetzigen Form nicht mehr zu retten ist, spricht Bürgermeis­terin Martina Wild bei einer Pressekonf­erenz der Stadt von einer tragischen Situation für die Eigentümer­familie und die Bewohner. „Ihnen allen gilt unser Mitgefühl.“Der für den Brand gebildete Krisenstab ist auch in Kontakt mit Oberbürger­meisterin Eva Weber, die im Urlaub ist. Weber schreibt, „mir blutet das Herz beim Anblick des ausgebrann­ten Hauses, und ich bin froh, dass niemand ernsthaft verletzt wurde“. Alle Kräfte vor Ort hätten enormen Einsatz gezeigt.

Am Samstagabe­nd kommt es auch noch zu einer dramatisch­en Aktion, um wenigstens die Hausmadonn­a des brennenden Gebäudes zu retten. Zwei Steinmetze helfen, die historisch­e Figur praktisch in letzter Minute zu bergen. Sie wird im Qualm an lange Seile gehängt und mithilfe eines Krans ganz oben aus ihrer Nische in der Fassade geholt und ins Maximilian­museum gebracht.

Aus Sicherheit­sgründen spricht die Stadt am Samstag ein Betretungs­verbot der Karolinens­traße aus, das bis Montag, 24 Uhr, dauern wird. Nur Einsatzkrä­fte und Anwohner dürfen in die Sperrzone. Die dortigen Geschäfte müssen geschlosse­n bleiben, der Verkehr und öffentlich­e Nahverkehr wird umgeleitet.

Für die Lösch-, Sicherungs- und Abbrucharb­eiten ist der Einsatz von schwerem Gerät nötig, was im engen Straßenrau­m Platz braucht. Am Samstagabe­nd wird ein Spezialbag­ger eingesetzt, um die immer noch bestehende­n Glutnester in dem verwinkelt­en Gebäude mit Zwischenbö­den, in dem auch viel Holz verbaut ist, auszuheben. Ein spezielles Messgerät des Technische­n Hilfswerks wird nach Augsburg geholt, mit dem man genau beobachten kann, ob sich das Haus bewegt und zu einer Gefahr für die Umgebung wird.

Als Fachleute zu dem Ergebnis kommen, dass das Gebäude wohl nicht mehr zu retten ist, beginnen am Samstagabe­nd die Abbrucharb­eiten. Parallel dazu gelingt es den Feuerwehrl­euten nach Angaben der Stadt, den Brand am Sonntag in den frühen Morgenstun­den endgültig zu löschen.

Der Großeinsat­z hat noch weitere Folgen: Die Stadtwerke müssen am Samstag in Zusammenha­ng mit dem Brand eine Trinkwasse­rwarnung ausspreche­n. Im Bereich der nördlichen Innenstadt zwischen Rathauspla­tz und Thommstraß­e soll das Trinkwasse­r aus den Leitungen vorsorglic­h bis auf weiteres nicht zum Trinken und nicht für die Zubereitun­g von Speisen verwendet werden. Betroffen von der Warnung sind rund 300 Häuser. Am Sonntag gegen 13.20 Uhr kommt Entwarnung. Am Montag wollen Experten der Stadt mit dem Eigentümer und der Abbruchfir­ma beraten, wie es mit der Ruine weitergehe­n soll.

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Fotos: Michael Hochgemuth Am Samstagabe­nd hat der Abbruch des Brandhause­s in der Karolinens­traße begonnen.
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Foto: Isabel Schmidhube­r Die Hausmadonn­a konnte gerettet wer‰ den.

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