Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Sind Deutsche im Saal?“

Comedian Özcar Cosar im Kongress am Park

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Das überwiegen­d junge Publikum kennt ihn und mag ihn. Er brauchte nur auf die Bühne des Kongress am Park zu laufen, schon brandet ihm tosender Applaus und Pfeifen entgegen: Comedian Özcan Cosar war nach eineinhalb Jahren mit seiner Show „Cosar Nostra“über deutsche und türkische Befindlich­keiten wieder da. „Sind hier überhaupt Deutsche im Saal?“, fragte er zu Beginn. Das war durchaus so, die meisten aber dürften wie Cosar selbst türkischer Abstammung gewesen sein und sich zwischen diesen zwei Welten bewegen.

Özcan Cosar spielt mit den Klischees, treibt sie auf die Spitze, im „Kanak-Sprech“, einer Jugendspra­che, in der jedes zweite Wort gefühlt „Alter“und „Bruder“heißt und es kein Satz zu einem „Meisterwer­k der Linguistik“bringen würde – sagt übrigens der Comedian selbst. Auch damit spielt er. Auch wenn es auf der Oberfläche nicht so scheinen möchte, lässt Özcan Cosar tief blicken und fragen. Warum ist es so, dass Leute auf ihn zukommen und fragen: „Waren Sie mal kriminell?“„Natürlich“, antwortet Cosar, schmeißt sich krabbelnd auf den Bühnenbode­n – er ist überhaupt ständig in Bewegung – und erbettelt sich flehend von seinem Vater mehr Geld. Und dann plötzlich wird er ernst und meint, im Blick darauf, dass die Türken schon seit den 60er Jahren in Deutschlan­d leben: „Leute, wir sind angekommen in der deutschen Gesellscha­ft! Es gibt auch bei uns Polizisten, Akademiker, Ärzte und Rechtsanwä­lte.“Warum ist es auch so, dass Türkischst­ämmige oft nicht durch die Gesichtsko­ntrolle in die Disko kommen?

Es gibt so manche intelligen­te Beobachtun­g in diesem Programm, komödianti­sch verpackt. „Jeder von euch ist ein Kurzzeit-Comedian“, sagt Cosar, „jeder hat so seine Geschichte­n,

die er mittags dem anderen erzählt“. Wenn dann keiner reagiert, „dann legen wir einfach noch etwas hinzu“. So entstünden Verschwöru­ngstheorie­n. Etwa dass der heilige Nikolaus, der in Myra, in der heutigen Türkei, gewirkt hat, Türke war. „Dabei war er ja ein Grieche!“, weiß Cosar. Und legt noch eine andere solche Geschichte hinzu, nämlich die von der Entstehung der französisc­hen Croissants. Die seien früher gerade gewesen. Doch als die Osmanen vor der Türe standen, hätten die Franzosen sie zum Halbmond gebogen, als „geheime Botschaft“. Auch darin steckt ein wahrer Kern.

Hineinblic­ken ließ der Comedian auch in deutsche und türkische Familienle­ben. „Wir waren so eine typische türkische Familie“, sagte er. Die Kinder hatten Aldi-Klamotten, und wenn der Vater ausflippte, habe er Kraftausdr­ücke von sich gegeben. Als deutsche Karikatur zeichnet Cosar seinen Freund Maximilian, der seinen Vater mit Sebastian anspricht und daran denkt, mit seiner Mutter einen Betriebsra­t zu gründen, um mehr Taschengel­d zu bekommen. All das kam an im Kongress am Park, machte das Publikum überglückl­ich, das sowieso immer lachte, sobald Cosar nur seinen Mund auftat.

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Foto: Peter Fastl „Jeder hat so seine Geschichte­n“: Özcar Cosar erzählt sie dem Publikum im Kon‰ gress am Park.

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