Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Das Ehegattensplitting muss ersetzt werden“
„In einem Wahlkampf, in dem wenig über Inhal te und noch weniger über Frauen und Famili en gesprochen wird, kommt ein Thema ganz be sonders zu kurz: die negativen Auswirkungen der gegenwärtigen Besteuerung von Ehen und Familien auf den Arbeitsmarkt und die Alters armut. Das aktuelle Ehegattensplitting setzt An reize, sich für eine klassische Rollenaufteilung zu entscheiden: Er verdient, sie kümmert sich um die Kinder und die pflegebedürftigen Eltern. Besonders ungerecht ist, dass verheiratete Paare davon profitieren, egal ob sie Kinder haben oder nicht. Für unverheiratete Paare oder Allein erziehende mit Kindern gelten die Steuervor teile nicht. Durch das Ehegattensplitting werden dem Arbeitsmarkt zudem viele gut ausgebil dete Frauen entzogen. Für sie selbst bedeutet dies weniger Verdienst, geringere Ansprüche auf Lohnersatzleistungen, eine gebremste Kar riereentwicklung nach der Kinderpause, nied rige Renten und ein deutlich höheres Armutsrisi ko. Das gilt besonders im Falle einer Schei dung, weil Frauen dann für ihren Unterhalt selbst aufkommen müssen. „Der Staat darf sich nicht in Familienfragen einmischen“, so hören wir immer wieder. Ein seltsames Argument, denn genau das tut er mit dem aktuellen Steuer system tagtäglich. Viele Eltern wünschen sich ein partnerschaftliches Teilen von Berufstätigkeit und Familienarbeit, es gibt immer mehr Patchworkfamilien und Alleinerziehende. Höchs te Zeit also für die kommende Bundesregie rung, das Ehegattensplitting durch eine zeitge mäße Form der Besteuerung zu ersetzen, da mit gleichberechtigte Partnerschaften möglich werden, alle Elternteile finanzielle Unabhän gigkeit erreichen können und wir als Gesellschaft gewinnen. #teilenstattsplitten muss das neue Programm heißen und wir bleiben dran, bis es umgesetzt ist.“Jutta Allmendinger, 64, Soziologin, Janina Kugel, 51, Managerin, Monika Schnitzer, 60, Wirtschaftsweise