Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Mann, auf den man sich verlassen konnte
München Jahrzehntelang hat er den Fernsehzuschauern Einblicke in fremde Länder gegeben – als sie noch wirklich fremd waren, weil es noch keinen Massentourismus und kein Internet gab. Dazu reiste er unermüdlich. „Gerd Ruge unterwegs“– so hieß die ARD-Serie, für die er Auslandsreportagen lieferte.
Dabei war Ruge, der am Freitagabend im Alter von 93 Jahren in München gestorben ist, kein rasender Reporter, sondern ein ruhiger. Dass er nicht lange am selben Platz verharrte, lag an den Themen, die ihn lockten: „Ich glaube nicht, dass das Rastlosigkeit war. Es ist Neugier, das Interesse, zu sehen, was in einem Land passiert.“Auch seine Filme rasen nicht. „Man muss die Bilder so lange stehen lassen, dass der Zuschauer ein Gefühl bekommt für das, was er sieht“, skizzierte der engagierte Menschenrechtler seine Art, Geschichten zu erzählen.
„Wenn etwas Wichtiges passierte, konnte man ihm stets vertrauen“, schrieb die Süddeutsche Zeitung zu seinem 90. Geburtstag. 1968 berichtete Ruge, der dreimal verheiratet war, aus den USA über die Morde an Robert Kennedy und Martin Luther King. Er erlebte Glasnost und Perestroika unter Michail Gorbatschow und den Putsch 1991, dem sich Boris Jelzin auf dem Panzer entgegenstellte.
Gerd Ruge wurde 1928 in Hamburg geboren. 1956 ging er für die ARD nach Moskau, 1964 in die USA – der Beginn einer langen Karriere als Korrespondent. Von 1981 an moderierte er das Polit-Magazin „Monitor“, 1984/85 war er WDRFernsehchef. „Das musste gemacht werden, am glücklichsten war ich aber immer als Auslandskorrespondent“, sagte er einst. (dpa)