Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Unklarheiten im Fall Ofarim
Polizei Der Sänger sagt, er sei antisemitisch beleidigt worden. Was zeigen die Kameras?
Leipzig Nach Antisemitismus-Vorwürfen des Sängers Gil Ofarim gegen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels werden derzeit Videoaufnahmen von dem Vorfall ausgewertet. „Es sind mehrere Videos von den Überwachungskameras sichergestellt worden“, sagte ein Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft am Sonntag. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlossen, daher könne man zum Inhalt keine Angaben machen.
Der Sänger, 39, hatte Anfang Oktober im Internet geschildert, dass ihn ein Mitarbeiter des Hotels „The Westin Leipzig“aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Ofarim ist der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim, der 2018 starb, und in Deutschland aufgewachsen.
Zuvor hatten die Bild und die Leipziger Volkszeitung berichtet, dass die Überwachungsvideos möglicherweise Fragen zum geschilderten Hergang aufwerfen und sich auf Ermittlerkreise berufen. Demnach soll Ofarims Kette mit dem Davidstern auf den Überwachungsvideos nicht deutlich sichtbar gewesen sein. „Was genau in dem Video zu sehen ist, ist Bestandteil der laufenden Ermittlungen“, erklärte eine Polizeisprecherin der Leipziger Polizeidirektion auf Anfrage.
Die Bild am Sonntag hatte Auszüge aus den Überwachungsvideos veröffentlicht und den Sänger in einem Bericht folgendermaßen zitiert: „Es geht hier nicht um die Kette. Es geht eigentlich um was viel Größeres. Da ich oft mit dem Davidstern im Fernsehen zu sehen bin, wurde ich aufgrund dessen beleidigt.“
Es gehe nicht darum, ob die Kette im Hotel zu sehen gewesen sei oder nicht, zitierte die Zeitung den Sänger weiter. „Sondern es geht darum, dass ich antisemitisch beleidigt worden bin.“Ofarims Management war am Sonntag für weitere Fragen zunächst nicht zu erreichen.
Nach dem Vorfall erstattete Ofarim am 12. Oktober Anzeige in München. Ermittler der sächsischen Polizei waren dafür in der bayerischen Landeshauptstadt und vernahmen den Musiker nach Polizeiangaben. Auch der Sänger selbst hatte auf Instagram von der Strafanzeige berichtet und erklärt, dass er in den vergangenen Tagen in Interviews alles gesagt habe, was er zu dem Thema sagen könne. Die Unternehmensgruppe Mariott International, zu der das Hotel gehört, will das Ergebnis der Polizeiermittlungen abwarten. „Wir sind der Meinung, dass alle Hinweise am besten im Rahmen dieser Gesamtuntersuchung bewertet werden“, teilte die Hotelgruppe mit.
Der Staatsanwaltschaft Leipzig liegen mehrere Anzeigen zu dem Vorfall vor – auch von dem Hotelmitarbeiter, der der Verleumdung beschuldigt wird. Er schildert nach früheren Angaben die Vorkommnisse anders als der Künstler. (dpa)