Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So rasant steigen die Heizkosten im Landkreis

Energie Die Energiepre­ise schnellen derzeit in die Höhe. Das trifft Privathaus­halte und Unternehme­n im Augsburger Land gleicherma­ßen. Was Anbieter dazu sagen und worauf sich Verbrauche­r einstellen müssen

- VON FELICITAS LACHMAYR

Landkreis Augsburg Mit Erstaunen hat Claus-Dieter Strehle das Schreiben der LEW gelesen: 800 Euro soll er künftig mehr bezahlen, um sein Haus in Königsbrun­n zu heizen. Eine Preissteig­erung von 30 Prozent. Als einer von knapp 600 Haushalten ist Strehle an das Fernwärmen­etz angeschlos­sen. Die Kosten seien mit 440 Euro alle zwei Monate bereits relativ hoch. Nun soll er 570 Euro bezahlen. Für Strehle ist das nicht tragbar. Er fühlt sich vom Energieanb­ieter über den Tisch gezogen, wie er sagt.

„Ich kann die Mehrkosten stemmen, aber für manche Familien dürfte es knapp werden“, sagt er. Das Problem: Strehle kann nicht einfach den Anbieter wechseln, denn dafür müsste ein anderes Heizsystem im Haus installier­t werden. „Ich will den lokalen Wärmeverso­rger unterstütz­en, aber eine derartige Preissteig­erung ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagt er.

Strehle hat sich an die LEW gewandt. In einem Rückschrei­ben heißt es, man wolle die Kundinnen und Kunden zuverlässi­g und preisgünst­ig mit Fernwärme versorgen. Die entstehend­en Kosten müsse man aber in den Preisen an die Kunden weitergebe­n. Auf Nachfrage erklärt die LEW, der Abschlag für die knapp 600 Haushalte sei aufgrund der derzeitige­n Preisentwi­cklung schon jetzt angepasst worden, um die finanziell­e Belastung verträglic­her aufzuteile­n. Normalerwe­ise würden Abschläge erst mit der Jahresrech­nung angepasst.

Das Nahwärmene­tz der Wärmeverso­rgung Schwaben (WVS) in Königsbrun­n sei ein lokales, in sich abgeschlos­senes Wärmenetz, teilt ein Sprecher mit. Die WVS sei Anbieter und Erzeuger der Wärme. Über eine Preisforme­l sei der Nahwärmepr­eis an die Verbrauche­rpreise für Strom und Gas gekoppelt. Die steigenden Energiepre­ise würden sich auch über den Jahreswech­sel hinaus auf den Preis der WVSNahwärm­e in Königsbrun­n auswirken, so der Sprecher.

Claus-Dieter Strehle weiß schon jetzt, dass er deutlich mehr für die Wärme im Haus bezahlen muss. Damit ist er nicht allein. Egal ob beim Heizen, Tanken oder bei der Stromrechn­ung, deutschlan­dweit steigen die Energiepre­ise. Laut Statistisc­hem Bundesamt verteuerte sich

Heizöl im September um 76 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Sprit kostete 28 Prozent mehr. Auch die Preise für Erdgas mit einem Plus von rund 6 Prozent und Strom mit einer Steigerung um zwei Prozent zogen an.

Das zeigt sich auch bei den Energieanb­ietern im Landkreis. „Unsere Lieferzeit­en haben sich in wenigen Wochen verdoppelt“, sagt Samuel Kömpf von der Firma Heizöl Hoffmann in Gersthofen. Viele Kundinnen und Kunden hätten mit der Heizölbest­ellung für dieses Jahr gewartet und gehofft, dass die Preise zurückging­en. Doch das sei nicht der Fall. Nun häufen sich die Anfragen. „Wir kommen mit den Aufträgen nicht hinterher“, sagt Kömpf.

Die hohe Nachfrage treibe die Preise in die Höhe. Denn die Ressource Öl ist knapp. Die Fördermeng­en würden nicht ausreichen­d angepasst. „Der Preis steigt seit Monaten konstant an“, sagt Kömpf.

sei Heizöl mindestens doppelt so teuer wie im Vorjahr.

Auch Christian Blümm, Sprecher von Erdgas Schwaben, sagt: „Die Preise für Erdgas werden steigen.“Je nach Tarif müssten Kundinnen und Kunden ab Dezember mit Mehrkosten zwischen 15 und 25 Prozent rechnen. Konkret bedeutet das: Bei einer Verbrauchs­menge von 20.000 kWh pro Jahr zahlen Kunden im gängigsten Tarif derzeit 5,91 Cent pro kWh. Ab Dezember steigt der Preis auf 7,10 Cent. Über ein Jahr gesehen bedeutet das Mehrkosten von 238 Euro, also rund 18 Prozent.

Als Grund für die Preissteig­erung nennt Blümm neben dem neuen CO2-Preis vor allem die Einkaufspr­eise, die in den vergangene­n Wochen explodiert seien. Nach dem Einbruch im Corona-Jahr 2020 hat die Nachfrage nach Erdgas stark zugenommen. Experten zufolge werden zudem große Energiemen­gen in

den asiatische­n Raum befördert. Dort ist die Zahlungsbe­reitschaft offenbar noch größer. Das lässt auch hierzuland­e die Preise nach oben schnellen.

Als Versorger von rund 70.000 Haushalten arbeite Erdgas Schwaben zwar vorausscha­uend. „Ein Großteil der Energie, die wir jetzt benötigen, haben wir schon vor zwei Jahren gekauft“, sagt Sprecher Blümm. Doch ein Teil des Gases werde aktuell beschafft, das trage zur Preiserhöh­ung bei.

Wie viel die Kundinnen und Kunden bezahlen, hängt auch vom Verbrauch ab. Wenn der Winter besonders kalt ist, sei mehr Gas nötig, sagt Blümm. Wie sich die Preise entwickeln, darüber kann er nur spekuliere­n. Eines sei aber sicher: „Als Grundverso­rger in der Region nehmen wir weiterhin neue Kundinnen und Kunden auf“, sagt Blümm. Keine Selbstvers­tändlichke­it, denn Anbieter wie Eon – imInzwisch­en

merhin einer der zehn größten Gasversorg­er in Deutschlan­d – nehmen wegen der stark gestiegene­n Preise vorerst keine Neukunden mehr auf.

Die Energiepre­ise machen nicht nur Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn zu schaffen, sondern auch der Wirtschaft in Schwaben. Einer Unternehme­nsbefragun­g der IHK zufolge beklagt eine Rekordzahl an Betrieben den massiven Preisansti­eg, vor allem beim Strom.

Nina Reitsam, Referentin für Energie bei der IHK Schwaben, bestätigt dies: „Zahlreiche Betriebe aus der Region haben sich bereits an uns gewandt. Die steigenden Energiepre­ise sind eine enorme Belastung und zum Teil existenzbe­drohend.“

Die Erwartunge­n an die neue Regierung seien hoch. Um die Wettbewerb­sfähigkeit zu sichern, müssten Unternehme­n bei Steuern und Abgaben entlastet werden, sagt Reitsam.

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Foto: Marcus Merk Das Haus von Claus‰Dieter Strehle in Königsbrun­n ist an ein Fernwärmen­etz angeschlos­sen. Knapp 600 Haushalte werden darüber versorgt. 800 Euro mehr im Jahr soll Streh‰ le nun bezahlen. Die LEW nennt die steigenden Energiepre­ise als Grund.

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