Augsburger Allgemeine (Land Nord)
In Handwerk und Pflege fehlt häufig Personal
Wirtschaft Für den Personalmangel im Landkreis Augsburg gibt es viele Gründe. Wie Arbeitgeber auf das Problem reagieren wollen
Landkreis Augsburg Seit vielen Wochen ist bekannt: Immer weniger Menschen wollen im Landkreis Augsburg in der Gastronomie arbeiten. In manchen Restaurants bleibt teilweise die Küche kalt. Das Problem des Personalmangels hört hier aber nicht auf. Das zeigt ein Blick auf die Stellenanzeigen in Gemeindeblättern und Zeitungen. Wolfgang Haschner von der Industrieund Handelskammer (IHK) Schwaben sagt: „Die Unternehmen beklagen die Situation mehr und mehr. Alle Branchen sind gleichermaßen betroffen.“Aber es gibt Ausnahmen im Augsburger Land.
Die Agentur für Arbeit zählt auf Anfrage unserer Redaktion eine lange Liste von Bereichen auf, in denen es viele freie Stellen gibt: „verarbeitendes Gewerbe, Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kraftfahrzeugen und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen. Im sozialen Bereich, in der Pflege und im Handwerk allgemein sind ebenfalls sehr viele Stellen zu besetzen.“
Im Kraftfahrzeug-Bereich kennt sich Joachim Frey von Auto Frey in Gersthofen aus. Natürlich gebe es das Problem in seiner Branche, sagt er, auf das Thema Personalmangel angesprochen. „Ich glaube, dass wir auch vor Corona einen Facharbeitermangel hatten. Das hat sich seitdem nicht verbessert.“Es sei in seinem Unternehmen bisher nicht so dramatisch, dass etwa das Autohaus oder die Werkstatt nicht mehr voll besetzt wären.
Freys Weg, dem Problem entgegenzuwirken: „Wir versuchen regelmäßig auszubilden, um immer Nachwuchs zu haben.“Im Bereich Ausbildung sieht er auch eine mögliche Ursache des Facharbeitermangels in der Autobranche. Der Erfolg schwankt sehr stark, gute und schlechte Jahre wechseln sich ab. Wenn man in schlechten Jahren weniger ausbilde, könne es passieren, dass man in guten Jahren feststelle, dass es zu wenig Fachkräfte im Unternehmen gebe, sagt Frey. Ausbildung werde wichtig bleiben: „Das Handwerk muss ausbilden, sonst wird der Facharbeitermangel in Zukunft dramatisch.“Aber das ist nicht immer so einfach. Viele Unternehmen tun sich bei der AzubiSuche schwer. Auf jeden Auszubildenden kommen in Bayern laut IHK zwei Ausbildungsplätze.
Auch Anton Hieber von Elektro Hieber in Schwabmünchen sagt, dass Personalmangel im Handwerk ein massives Problem sei. Sein Unternehmen sei bisher davon verschont. „Das betrifft fast alle, da sind wir wahrscheinlich die Ausnahme. Das ist bei den meisten dramatisch.“Er kenne Elektriker, die Aufträge ablehnen müssen, weil sie nicht genügend Leute haben. Eine Möglichkeit, das Problem zu umgehen, klingt simpel: Hieber betont, wie wichtig es sei, dass Angestellte mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind und einen angemessenen Lohn bekommen. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen laut dem Unternehmer Tariflohn, müs
sen also nicht um Erhöhungen feilschen.
Eine weitere Branche, die nicht erst seit Corona vom Personalmangel betroffen ist: die Pflege. Petra Fischer arbeitet für eine Tochtergesellschaft der Caritas, die unter anderem im Landkreis Augsburg Seniorenheime und ambulante Pflegedienste betreibt. Sie sagt: „Wir erleben in den letzten Jahren immer wieder Wellenbewegungen.“Mal gebe es großen Personalmangel, dann entspanne sich die Lage wieder. Aber: „Das Problem ist jetzt anhaltender.“Seit vielen Monaten sei die Situation angespannt. Im Gegensatz zum Handwerk fehlen hier vor allem ungelernte Mitarbeiterinnen und Teilfachkräfte. Fachpersonal gebe es ausreichend, weil die Caritas viel ausbilde. „Uns gelingt es,
die Ausgebildeten zum großen Teil bei uns zu behalten.“Klare Gründe für den anhaltenden Personalmangel sind laut Fischer schwer zu benennen. Corona könne eine Rolle gespielt haben. Dazu gebe es immer wieder Aussteiger, die sich komplett aus der Pflegebranche verabschieden. „Die Gründe sind so vielfältig, wie die Menschen vielfältig sind.“Damit es besser wird, müsse das Image der Pflege aufgewertet werden, sagt Fischer.
Mit der Darstellung der Branche durch Politik und Medien ist auch Jürgen Werner, Geschäftsführer der Ökumenischen Sozialstation in Meitingen, nicht zufrieden, auch beim Personalmangel: „Ganz so schlecht, wie es dargestellt wird, ist es sicher nicht.“Werner sagt über seine Einrichtung: „Ich sehe bei uns keinen
Personalmangel.“Das Problem macht sich laut Werner innerhalb der Pflege in manchen Bereichen mehr und in manchen weniger bemerkbar. Arbeitsbedingungen und Bezahlung variieren hier von Anbieter zu Anbieter, sagt der Geschäftsführer der Ökumenischen Sozialstation in Meitingen.
Bernhard Gattner, Pressesprecher der Caritas Augsburg, erzählt von den Vorteilen des Pflegeberufs. Es gebe etwa gute Aufstiegsmöglichkeiten. Ein Studium sei hier für Hauptschulabsolventinnen und -absolventen nicht ausgeschlossen. Angestellte könnten mit dem Hauptschulabschluss über eine einjährige Pflegehelferausbildung und eine dreijährige Fachhelferausbildung die Berechtigung für ein Studium im Bereich Pflege bekommen.