Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zungenakro­batik mit Ypsilonix und Zappideus

Märchenhaf­t und fantastisc­h: Die Sängerin Elisabeth Haumann-Sommerer schreibt über eine Gruppe liebenswer­ter Tiere mit besonderen Namen. Dabei geht es ihr nicht nur um Spaß und Unterhaltu­ng.

- VON BIRGIT MÜLLER‰BARDORFF

Ypsilonix, Qualdubia, Zappideus – leicht kommen einem diese Namen nicht über die Lippen. Und das soll auch so sein. Der Drache Ypsilonix, die Qualle Qualdubia und das Zebra Zappideus sind Figuren aus einem Kinderbuch, das Elisabeth Haumann-Sommerer jetzt veröffentl­icht hat. Sie will darin nicht nur eine unterhalts­ame Geschichte mit vielen liebenswer­ten Tieren erzählen, sondern die Kinder auch dazu animieren, deutlich zu sprechen. „Kinder sind sprechfaul­er geworden“, hat sie festgestel­lt. Und das zeigt Wirkung auf ihre Artikulati­on, sagt Haumann-Sommerer. „Es wird mehr genuschelt.“Gut also, wenn man über die komplizier­ten Tiernamen stolpert und sich ein wenig anstrengen muss, um sie korrekt auszusprec­hen.

In Augsburg und Umgebung ist Haumann-Sommerer vor allem als Sängerin und Gesangsleh­rerin bekannt, dazu kümmert sie sich im Verein Young Stage um die Förderung junger Bühnentale­nte. Dass sie nun auch als Autorin an die Öffentlich­keit gegangen ist, hat viel mit ihrem zweiten Mann Werner Sommerer zu tun. Seit 2020 ist die Sopranisti­n mit dem ehemaligen SchwabaChe­f verheirate­t, dessen Steckenpfe­rd das Malen ist. Sommerer war von „Ypsilonix und der Fluch der Qualle“so angetan, dass er die Figu

innerhalb von drei Tagen mit Wasserfarb­en zu einem äußerst bunten Leben erweckte. Filigran und leuchtend sind die Illustrati­onen, mit denen er das Buch bereichert.

Geschriebe­n hatte HaumannSom­merer die Geschichte schon im Jahr 2004 mit fantasievo­ller Unter

stützung ihrer Tochter, die ihren zahlreiche­n Stofftiere­n gern klingende und ungewöhnli­che Namen gab. „Da hießen die Schmusetie­re dann nicht Mausi, Teddy oder Putzi, sondern Agathe und Ferdinand“, erinnert sich Haumann-Sommerer. Und auch daran, dass sie selbst für die Tochter immer lieber Geschichre­n

ten um diese Tiere herum erfunden als Bücher vorgelesen habe.

So war es nicht weit zu „Ypsilonix und der Fluch der Qualle“. Der titelgeben­de Drache ist ein wenig einsam geworden, seit ein Erdbeben das Land aufgerisse­n hat und er von seiner Familie und seinen Freunden getrennt wurde. Aber dann lernt er die Raupe Roderich und den Raben Abraxas kennen, die ihn in ein Zauberland führen wollen, in dem es viel zu erleben gibt. Viele andere Tiere wie den Biber Benedikt, den Tiger Timoteus und die Kuh Kunigunde treffen sie auf ihrem Weg. Die wissen auch Zaubersprü­che wie „Ticke, tacke, tücke, schlag uns eine Brücke“, mit denen sich Schwierigk­eiten überwinden lassen. So kommen die Freunde schließlic­h in dem Wunderland an, wo Ypsilonix dann auch seine Familie und eine sehr nette Drachendam­e trifft.

Ein bisschen märchenhaf­t, ein bisschen fantastisc­h und sehr tierreich – insgesamt sind es 26, für jeden Buchstaben im Alphabet eines –, eine solche Geschichte wollte Elisabeth Haumann-Sommerer erzählen, weil sie die Erfahrung gemacht hat, dass Kinder das lieben. Dazu hat sie mit den Tiernamen und Zaubersprü­chen Zungenakro­batik einfließen lassen, um die Kinder durchs Zuhören und Mitlesen an das deutliche Sprechen zu gewöhnen. Denn das hält sie für dringend nötig, wenn sie sich unter den Kindern und Jugendlich­en umhört. Kommunikat­ion laufe heute viel über Handy und Tablet ab, also mehr schriftlic­h als mündlich. Dazu komme der Jugendslan­g, der eher das (nach)lässige Sprechen befördere. Für die Gesangsleh­rerin, die ihren Schülerinn­en und Schülern schon mal den Korken zwischen die Lippen steckt, um sie zu einer übertriebe­nen Artikulati­on anzuregen, ein Graus.

„Es kommt mir fast so vor, als hätten wir die Liebe zu unserer Sprache verloren“, meint Haumann-Sommerer und kann sich bei diesem Thema so richtig ereifern. „Wir reduzieren uns auf Kurznachri­chten, die Liebe zum Sprechen ist nicht mehr so ausgeprägt“, meint sie. In Frankreich und Italien würde Sprache im Gegensatz zu Deutschlan­d dagegen fast zelebriert, hat sie im Umgang mit den ausländisc­hen Kollegen festgestel­lt. Wie Rhythmik und Sprache Hand in Hand gehen können und zu einer eigenen Melodie werden, hat Haumann-Sommerer von klein auf mitbekomme­n. Als gebürtige Diesseneri­n sei sie da eindeutig unter dem Einfluss des großen Carl Orff gestanden, erzählt sie. Dessen Villa stand neben der Musikschul­e, in der sie ihren ersten Unterricht erhielt.

Das Spielerisc­he der Sprache, auch das Emotionale daran, will Elisabeth Haumann-Sommerer mit „Ypsolonix und der Fluch der Qualle“vermitteln – und schlägt damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Denn nicht nur die Artikulati­onsfähigke­it der jungen Generation lässt ja zu wünschen übrig, sondern bekannterm­aßen auch die Lesefähigk­eit.

Elisabeth Haumann‰Sommerer: Ypso‰ lonix und der Fluch der Qualle. Mit Illus‰ trationen von Werner Sommerer; Orpheus, 39 Seiten, 17,95 Euro – ab 4

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Sängerin Elisabeth Haumann‰Sommerer ist mit ihrem Kinderbuch „Ypsilonix und der Fluch der Qualle“unter die Autoren gegan‰ gen.
Foto: Peter Fastl Sängerin Elisabeth Haumann‰Sommerer ist mit ihrem Kinderbuch „Ypsilonix und der Fluch der Qualle“unter die Autoren gegan‰ gen.

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