Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Verkehrsexperte schlägt abgespeckten Bahnausbau vor
Infrastruktur Die Schwierigkeiten im Bärenkeller ließen sich mit einem Teilausbau am besten lösen, sagt der frühere AVV-Chef Herbert König. Die Pläne der Bahn seien überdimensioniert.
Der Nahverkehrsexperte und frühere Geschäftsführer der Münchner Verkehrsbetriebe und des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV), Herbert König, erneuert angesichts des jetzt auch im Bärenkeller aufkeimenden Protests gegen den Bahnausbau seine Forderung nach einem abgespeckten modularen Teilausbau. Die von der Bahn momentan verfolgten Lösungen seien alle überdimensioniert. Angesichts der Probleme beim Lärmschutz und der Kosten plädiert König für „mehr
Realismus“. Eine Verdoppelung der Gleiskapazitäten sei nicht notwendig.
Wie berichtet plant die Bahn entweder eine Erweiterung der Bestandsstrecke um zwei Gleise mit teilweiser Neutrassierung oder eine ICE-Neubaustrecke entlang der Autobahn, sodass die jetzige Bestandsstrecke allein für den Nahverkehr reserviert wäre. In beiden Fällen ist das Ziel, die Reisezeit mit dem ICE von 40 auf 26 Minuten zwischen Augsburg und Ulm zu reduzieren. Bahn und Verkehrsministerium betonten zuletzt, dass diese
im Hinblick auf den sogenannten „Deutschlandtakt“unerlässlich sei. Die Bahn will damit ein einheitliches Fahrplanraster zwischen deutschen Städten schaffen. Im Stadtteil Bärenkeller fürchten Anwohner und Anwohnerinnen, künftig auf fast allen Seiten ihres Stadtteils von Bahngleisen umgeben zu sein.
König schlägt einen in Abschnitten dreigleisigen Ausbau der Bestandsstrecke vor. Entlang der Bestandsstrecke gebe es zwischen Hauptbahnhof und dem westlichen Bärenkeller auch genug Platz für vier
Gleise, in Neusäß und Westheim sei ein Ausbau auch ohne Häuserabrisse möglich. Für die Anwohner und Anwohnerinnen springe mehr Lärmschutz
dabei heraus. „Für den Bärenkeller wäre es besser, die Gleisanlagen und den Lärmschutz im Bestandsraum zu optimieren, idealerweise mit Wiedereinrichtung des Haltepunkts Hirblinger Straße, als den Stadtteil auch noch vom NordosMaßgabe ten mit einer zusätzlichen Schnellfahrstrecke einzukesseln“, so König.
Grundsätzlich stellt König die 26 Minuten als Vorgabe infrage. Der Deutschlandtakt werde auch ohne diese Beschleunigung funktionieren. „Den realen Beweis wird es ohnehin geben: 2030 wird er eingeführt – und zwar mit 40 Minuten Fahrzeit Ulm– Augsburg wie heute, denn bis dahin ist nichts gebaut“, so König. Zudem sei die Route über Augsburg für den Bahnverkehr nach Mannheim und Straßburg unerlässlich. Die Gefahr, abgehängt zu werden, sei mäßig. Die DB betonte zuletzt, dass die Strecke
Ulm–Augsburg modernisiert werden müsse. Ansonsten sei das Deutschlandtakt-Schema nicht nur in Ulm, sondern auch auf den weiteren Bahnhöfen wie Stuttgart und Mannheim nicht mehr einzuhalten. Das sei aber nötig, wenn man Reiseketten beschleunigen und das Umsteigen auch zwischen Nah- und Fernverkehr vereinfachen wolle, so DBProjektleiter Markus Baumann. Auch Bundestagsabgeordneter Volker Ullrich und Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sprachen sich vehement für einen viergleisigen Ausbau aus.
Haltepunkt Hirblinger Straße sollte reaktiviert werden