Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verkehrsex­perte schlägt abgespeckt­en Bahnausbau vor

Infrastruk­tur Die Schwierigk­eiten im Bärenkelle­r ließen sich mit einem Teilausbau am besten lösen, sagt der frühere AVV-Chef Herbert König. Die Pläne der Bahn seien überdimens­ioniert.

- VON STEFAN KROG

Der Nahverkehr­sexperte und frühere Geschäftsf­ührer der Münchner Verkehrsbe­triebe und des Augsburger Verkehrsve­rbunds (AVV), Herbert König, erneuert angesichts des jetzt auch im Bärenkelle­r aufkeimend­en Protests gegen den Bahnausbau seine Forderung nach einem abgespeckt­en modularen Teilausbau. Die von der Bahn momentan verfolgten Lösungen seien alle überdimens­ioniert. Angesichts der Probleme beim Lärmschutz und der Kosten plädiert König für „mehr

Realismus“. Eine Verdoppelu­ng der Gleiskapaz­itäten sei nicht notwendig.

Wie berichtet plant die Bahn entweder eine Erweiterun­g der Bestandsst­recke um zwei Gleise mit teilweiser Neutrassie­rung oder eine ICE-Neubaustre­cke entlang der Autobahn, sodass die jetzige Bestandsst­recke allein für den Nahverkehr reserviert wäre. In beiden Fällen ist das Ziel, die Reisezeit mit dem ICE von 40 auf 26 Minuten zwischen Augsburg und Ulm zu reduzieren. Bahn und Verkehrsmi­nisterium betonten zuletzt, dass diese

im Hinblick auf den sogenannte­n „Deutschlan­dtakt“unerlässli­ch sei. Die Bahn will damit ein einheitlic­hes Fahrplanra­ster zwischen deutschen Städten schaffen. Im Stadtteil Bärenkelle­r fürchten Anwohner und Anwohnerin­nen, künftig auf fast allen Seiten ihres Stadtteils von Bahngleise­n umgeben zu sein.

König schlägt einen in Abschnitte­n dreigleisi­gen Ausbau der Bestandsst­recke vor. Entlang der Bestandsst­recke gebe es zwischen Hauptbahnh­of und dem westlichen Bärenkelle­r auch genug Platz für vier

Gleise, in Neusäß und Westheim sei ein Ausbau auch ohne Häuserabri­sse möglich. Für die Anwohner und Anwohnerin­nen springe mehr Lärmschutz

dabei heraus. „Für den Bärenkelle­r wäre es besser, die Gleisanlag­en und den Lärmschutz im Bestandsra­um zu optimieren, idealerwei­se mit Wiedereinr­ichtung des Haltepunkt­s Hirblinger Straße, als den Stadtteil auch noch vom NordosMaßg­abe ten mit einer zusätzlich­en Schnellfah­rstrecke einzukesse­ln“, so König.

Grundsätzl­ich stellt König die 26 Minuten als Vorgabe infrage. Der Deutschlan­dtakt werde auch ohne diese Beschleuni­gung funktionie­ren. „Den realen Beweis wird es ohnehin geben: 2030 wird er eingeführt – und zwar mit 40 Minuten Fahrzeit Ulm– Augsburg wie heute, denn bis dahin ist nichts gebaut“, so König. Zudem sei die Route über Augsburg für den Bahnverkeh­r nach Mannheim und Straßburg unerlässli­ch. Die Gefahr, abgehängt zu werden, sei mäßig. Die DB betonte zuletzt, dass die Strecke

Ulm–Augsburg modernisie­rt werden müsse. Ansonsten sei das Deutschlan­dtakt-Schema nicht nur in Ulm, sondern auch auf den weiteren Bahnhöfen wie Stuttgart und Mannheim nicht mehr einzuhalte­n. Das sei aber nötig, wenn man Reisekette­n beschleuni­gen und das Umsteigen auch zwischen Nah- und Fernverkeh­r vereinfach­en wolle, so DBProjektl­eiter Markus Baumann. Auch Bundestags­abgeordnet­er Volker Ullrich und Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sprachen sich vehement für einen viergleisi­gen Ausbau aus.

Haltepunkt Hirblinger Straße sollte reaktivier­t werden

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