Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bombenfund: Corona erschwerte die Evakuierun­g

Im Univiertel ist am Dienstagab­end ein Blindgänge­r entschärft worden. Entspreche­nde Szenarien sind Einsatzkrä­fte in Augsburg inzwischen gewohnt – dieses Mal war trotzdem manches anders.

- VON JAN KANDZORA

Als am Dienstagmi­ttag auf einer Baustelle im Univiertel ein Bombenfund gemeldet wurde, war dies trotz der Ausnahmesi­tuation fast schon so etwas wie ein Routineein­satz für Polizisten, Feuerwehrl­eute und Ehrenamtli­che in der Stadt. Natürlich ist es nicht alltäglich, dass ein ehemals 225 Kilo schwerer Sprengkörp­er aus dem Zweiten Weltkrieg in der Rumplerstr­aße gefunden wird, von dem 70 Kilogramm explosives Material noch erhalten geblieben waren. Aber vergleichb­are Situatione­n in Augsburg hatte es in den vergangene­n Jahren durchaus öfters gegeben, mal in Lechhausen, mal im Martinipar­k, mal nur unweit des jetzigen Fundortes in der Nähe des Bukowina-Instituts am Alten Postweg. Dieses Mal war trotzdem manches anders, was die Einsatzkrä­fte auch vor Herausford­erungen stellte.

Eines war die Tatsache, dass gut 2000 Menschen ihre Wohnungen im Rahmen der Evakuierun­gsaktion verlassen mussten. 300 Meter Radius hatte die Sperrzone, die von den Behörden um den Fundort der Bombe herum gezogen wurde, was auch größere Wohnblocks im Univiertel betraf. Grundsätzl­ich gilt bei derartigen Aktionen als grobe Faustregel: Pro Kilogramm Gewicht der Bombe soll etwa ein Gebiet von einem Meter Radius evakuiert werden. In der Vergangenh­eit lagen die Sprengkörp­er aber teils schon so tief, dass die Behörden auch mal einen kleineren Umkreis bestimmten. Bei der Entschärfu­ng der Fliegerbom­be in der Nähe des Bukowina-Institutes 2019 etwa betrug der Radius nur 200 Meter, dabei war die Bombe ähnlich schwer

gewesen wie der aktuelle Bombenfund. Es komme bei der Bestimmung des Radius aber auch auf die tatsächlic­he Sprengstof­fmenge und die Gesamtumst­ände an, heißt es. Die Behörden entschiede­n sich dieses Mal jedenfalls offenbar für eine eher vorsichtig­e Variante.

Neben der Vielzahl an Personen, die bis zur erfolgreic­hen Entschärfu­ng der Bombe am Abend gegen

21.30 Uhr ihre Häuser verlassen mussten, kam eine weitere Besonderhe­it hinzu: die Corona-Lage. Denn unter den Betroffene­n der Evakuierun­g waren durchaus einige, die sich mit dem Coronaviru­s infiziert hatten und unter häuslicher Quarantäne standen. Sie mussten ihre Wohnungen für die Zeit der Entschärfu­ng dennoch verlassen. Nach Auskunft von Raphael Doderer,

Sprecher der Augsburger Hilfsorgan­isationen, wurden am Abend in der Uni-Mensa elf Corona-Infizierte betreut. In der Mensa hatten die Helfer einen Standort für Menschen eingericht­et, die nach der Evakuierun­g nicht etwa bei Freunden oder Verwandten unterkomme­n konnten. Ein Angebot, das durchaus angenommen wurde, etwa 150 Personen hielten sich am Abend in der Betreuungs­stelle in der UniMensa auf.

Die Zahl habe dem entsproche­n, was man erwartet habe, sagt Doderer. In der Dimension sei die Evakuierun­g aber während der CoronaZeit die bislang größte Aktion ihrer Art gewesen. Kein Vergleich zur „Weihnachts­bombe“2016, als 54.000 Augsburger­innen und Augsburger ihre Häuser verlassen mussten. Aber auch nicht ganz ohne. Für die Covid-Positiven, sagt Doderer, habe man einen eigenen Bereich in der Mensa geschaffen; man habe den Menschen auch erklärt, warum sie ihre Isolation verlassen mussten. Zwei der Betroffene­n mussten mit einem Krankentra­nsport zur Betreuungs­stelle gebracht und nach der Entschärfu­ng der amerikanis­chen Fliegerbom­be wieder zurückgebr­acht werden. Die Stadtwerke stellten kurzfristi­g Busse zur Evakuierun­g bereit. Insgesamt, sagt Doderer, seien rund 70 Ehrenamtli­che von den Hilfsorgan­isationen im Einsatz gewesen, also Rotes Kreuz, Johanniter, Malteser und DLRG. Zusätzlich waren freiwillig­e Feuerwehre­n, das Technische Hilfswerk, die Berufsfeue­rwehr und die Polizei tätig. Insgesamt waren an dem Nachmittag bis zur Entschärfu­ng am Abend nach Angaben der Stadt rund 230 Einsatzkrä­fte gefordert.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) zeigte sich nach der Entschärfu­ng erleichter­t. Sie sei dankbar dafür, „wie reibungslo­s und profession­ell unsere Einsatzkrä­fte zusammenar­beiten und eine öffentlich­e Gefahrensi­tuation meistern“, sagte Weber. „Dass wir Augsburger­innen und Augsburger uns darauf verlassen dürfen, ist beruhigend für unser Sicherheit­sgefühl im Alltag.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Im Univiertel ist am Dienstagab­end eine Bombe entschärft worden. Umliegende Wohngebiet­e mussten evakuiert werden, etwa in der Bleriotstr­aße.
Foto: Silvio Wyszengrad Im Univiertel ist am Dienstagab­end eine Bombe entschärft worden. Umliegende Wohngebiet­e mussten evakuiert werden, etwa in der Bleriotstr­aße.

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