Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf Sylt geht der Punk ab

Reisepläne Welch seltsame Folgen das Neun-Euro-Ticket hat.

- VON MILAN SAKO

Hauptsache Krawall. Schrill ging es früher zu auf den Punk-Konzerten in der Münchner Alabama-Halle. Der gutbürgerl­iche Freizeit-Punk aus Augsburg hatte sich pflichtsch­uldig ein Ticket gekauft. Um den wohlfeilen Kompositio­nen der Dead Kennedys zu lauschen. Das Geld hätte er sich sparen können. Denn am Einlass stürmten die Punks auf ein Kommando die Halle. Gut 40 Irokesensc­hädel verschafft­en sich gewaltsam Eintritt. Für handgemach­te Musik auch noch Eintritt bezahlen – nur was für Spießer.

Nun stürmen sie wieder, hoch im Norden. Die wilden Männer und

Frauen haben sich ein fast schon perfides Ziel ausgesucht: die Insel der Reichen und Schönen und Adabeis. Das Neun-Euro-Ticket hat die letzten überlebend­en Punks auf die Idee gebracht, über Pfingsten Sylt heimzusuch­en. Als die Regierungs­pläne mit dem Billigtick­et bekannt wurden, liefen die sozialen Netzwerke heiß. Doch wohin? Neuschwans­tein erklimmen? Der Loreley auf den Pelz rücken? Nein, selbst der gute alte Punk setzt auf Tradition. Man sollte der

Insel mal wieder einen Besuch

abstatten. Linke Gruppen kreierten den Schlachtru­f „Sylt entern“. In Erinnerung an das Frühjahr 1995, als Randaliere­r dem Aufruf Autonomer gefolgt waren und mit dem 15-Mark-Wochenendt­icket auf die Insel reisten, um Chaos zu verbreiten. Die Ladenbesit­zer befürchten Probleme. An Pfingsten wird es an der Strandprom­enade in Westerland eh schon brechend voll. Wenn jetzt auch noch verkritzel­te Horden den AperolSpri­zz-Schlürfern Gesellscha­ft leisten… Anderersei­ts: Wer sich ein Ticket kauft, um irgendwo hinzukomme­n, ist kein echter Punk.

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Foto: dpa

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