Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ukraine fordert von Berlin mehr Tempo
Besuch Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk spricht mit Kanzler Scholz.
Berlin Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Regierung zur schnellen Lieferung der zugesagten Waffen in die Ukraine aufgefordert. „Warten und Zögern kostet Menschenleben. Ein Tag kostet um die 100 Leben der Soldaten und 500 und mehr Verwundete“, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur nach einem Gespräch mit Scholz im Berliner Kanzleramt. Er forderte auch die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern aus Deutschland.
Den Kanzler lud er bei seinem Besuch genau 100 Tage nach Kriegsbeginn zu einer Rede vor dem ukrainischen Parlament Rada nach Kiew ein. Und er stellte einen Deutschland-Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den Fall in Aussicht, dass sich das Kriegsgeschehen positiv für die Ukraine entwickelt. „Wenn der Sieg naht, dann denke ich, wird er schon Besuche in verschiedenen Ländern machen und zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland kommen“, sagte Stefantschuk laut offizieller Übersetzung. Für ihn ist der Deutschland-Besuch die erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn. In Berlin wurde er so hochrangig empfangen wie wohl kaum ein Parlamentspräsident vor ihm. Scholz traf den in Militärmontur gekleideten Vorsitzenden der Rada im Kanzleramt. Im Plenum des Bundestags wurde er mit langem Applaus begrüßt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) würdigte seinen Besuch in einer kurzen Ansprache. „Der Deutsche Bundestag steht fest an der Seite der Ukraine. Wir werden Ihr Land weiter humanitär und militärisch, finanziell und diplomatisch nach Kräften unterstützen“, versprach die SPD-Politikerin.
Stefantschuk sprach bei seinem Treffen mit Scholz auch das für die Ukraine so wichtige Thema des EUKandidatenstatus an: „Ich habe noch mal deutlich gemacht, dass Kandidatenstatus nicht gleich Mitgliedschaft bedeutet. Das verstehen wir sehr gut.“Die Bundesregierung hat sich zu dieser Frage noch nicht positioniert. Scholz hat aber klargemacht, dass es keine Abkürzungen für die Ukraine auf dem Weg in die EU geben dürfe. Die EU-Kommission will dazu noch im Juni eine Empfehlung abgeben. Reist Scholz nach Kiew? „Ich bin sehr optimistisch“, sagte Stefantschuk. Scholz habe sich für seine Einladung nach Kiew bedankt – aber noch nicht zugesagt.