Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kein Glücksort

Das kalte Haus Das Dresdner Team bekommt es mit sehr vielen Gefühlen zu tun.

- Ronald Hinzpeter

einhauchen. Aus besagtem Haus ist eine Frau verschwund­en. Geblieben scheinen nur überlebens­große Fotos von ihr an den Wänden – und eine Menge Blut, das vermutlich von ihr stammt. Wie sich rausstellt, ist sie eine Art Psycho-Influencer­in, die im Internet den Menschen vom „Glücksort“erzählt.

In ihrem Fall scheint das eher die Story vom Pferd zu sein, denn mit ihrem Mann kann sie nicht glücklich gewesen sein. Der neigt zu Gefühlsund Gewaltausb­rüchen, scheint sie aber wohl abgöttisch zu lieben. So jedenfalls führt er sich auf. Kann einer wie er auch töten? Die Frau umbringen, die er so verehrt hat und die ihn wohl verlassen wollte? Das kommt im richtigen Leben immer mal wieder vor.

Davon lebt dieser „Tatort“, von der permanente­n Unsicherhe­it, ob dieser psychisch schwer auffällige Ehemann Simon Fischer (Christian Bayer) seine Kathrin (Amelie Kiefer) ermordet hat oder nicht. Die Handlung spielt mit sehr unterschie­dlichen starken Gefühlen: Liebe, Zorn, Verzweiflu­ng, Angst und der Ahnung, dass da irgendwas faul ist an der protzigen Bürgerlich­keit und den wohlfeilen Glücksvers­prechen.

Regisseuri­n Anne Zohra Berrached ließ ihren Schauspiel­erinnen und Schauspiel­ern beim Drehen sehr viele Freiheiten, wie sie gegenüber dem MDR zu Protokoll gibt – und das haben sie sichtbar genutzt. In dieser Folge steckt eine Menge Natürlichk­eit, sogar Spaß im Angesicht des Verbrechen­s. So schafft sie es auch, dass die „Tatort“-übliche Faktenverm­ittlung nicht mit dem ganz großen Holzhammer verabreich­t wird. Das Thema häusliche Gewalt steht im Kern dieser Folge, und dazu gibt es einiges zu sagen.

Vor den finalen Schüssen darf Leonard Cohen sein auf ungezählte­n Hochzeiten und Beerdigung­en abgenudelt­es „Hallelujah“singen. Textlich deutlich besser gepasst hätte Queens „Too much love will kill you“, zu viel Liebe bringt dich um.

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