Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Baustellen des FCA
Analyse Noch lässt der künftige Trainer des FC Augsburg auf sich warten. Eigentlich müsste er längst den Kader planen. Wo der Fußball-Bundesligist dringenden Handlungsbedarf hat.
Allmählich gewinnt man den Eindruck, die Trainer würden nicht zum FC Augsburg wollen. Sebastian Hoeneß galt als ein Kandidat, der nach seinem überraschenden Aus bei der TSG Hoffenheim gut zum FCA gepasst hätte. Jung, dynamisch, eloquent. Doch der Sohn von Dieter und Neffe von Uli Hoeneß will nach drei Jahren als Profitrainer erst mal eine Pause einlegen. Auch Gerhard Struber soll zu den Kandidaten im engen Kreis gezählt haben. Doch der 45-jährige Österreicher fühlt sich laut Medienberichten bei RB New York derart wohl, dass er das Augsburger Angebot ausschlug.
Weil neben dem FCA noch die Bundesligisten Schalke 04 und Borussia Mönchengladbach einen Coach suchen, braucht Augsburgs Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter gute Argumente. Mögliche Kandidaten bleiben Enrico Maaßen (Dortmund II), Hannes Wolf (U19 DFB), Peter Zeidler (FC St. Gallen) und Thomas Letsch (Vitesse Arnheim). Wer auch immer Trainer des FCA wird, im Kader findet er Baustellen vor. Eine Analyse, wo personeller Handlungsbedarf besteht.
Torhüter
Mit Rafal Gikiewicz verfügt der FCA über einen soliden BundesligaTorhüter. In neun Partien blieb der Pole in der vergangenen Spielzeit ohne Gegentreffer. Andererseits wird Gikiewicz im Oktober 35 Jahre alt. Ersatzmann Tomas Koubek kostete den FCA viel Geld und viele Nerven. Er selbst soll an einem Leihgeschäft interessiert sein, um Spielpraxis zu bekommen. Mit Benjamin Leneis, 23, und Daniel Klein, 21, könnten zwei Nachwuchsprofis zum Ersatzmann aufsteigen.
Fazit Kein Handlungsbedarf. Kann der FCA aber einen jüngeren, überragenden Stammtorhüter verpflichten, sollte er zugreifen.
Abwehr
In der Innenverteidigung plagen den FCA keine Sorgen. Mit Jeffrey Gouweleeuw, Reece Oxford und Felix Uduokhai verfügt der Bundesligist über ein Abwehrzentrum mit gehobenem Bundesliganiveau. Ergänzt wird das Trio durch Neuzugang Maximilian Bauer (Fürth) und Frederik Winther. Auf den Außenpositionen befanden sich Iago und
Mads Pedersen (links) sowie Robert Gumny und Raphael Framberger (rechts) im Konkurrenzkampf.
Fazit Hoher Handlungsbedarf. Auf den Außenbahnen fehlten dem FCA Tempo und Dynamik in Offensivaktionen, in Defensivaktionen unterliefen zu viele Fehler, die zu Gegentoren führten. In der Innenverteidigung könnte der FCA zu einer Reaktion gezwungen sein, sollte für Oxford – nach seinen Leistungen absolut möglich – ein entsprechendes Angebot abgegeben werden.
Mittelfeld
Mit Niklas Dorsch und Arne Maier könnte ein eingespieltes Duo das künftige Zentrum bilden. Der Vertrag von Jan Moravek wird wohl nicht verlängert werden. Der bissige Zweikämpfer Carlos Gruezo stand im Winter kurz vor einem Wechsel in die USA. Wie Tobias Strobl nach seinem Kreuzbandriss zurückkehrt, wird sich in der Vorbereitung zeigen. In der Winterpause bemühte sich der FCA um Morten Thorsby (FC Genua) und Jens Stage (FC Kopenhagen), jetzt soll er Interesse am 20-jährigen Tom Krauß (RB Leipzig) haben.
Fazit Handlungsbedarf. Was fehlt, ist ein körperlich robuster Gestalter, der Kopfballduelle für sich entscheidet und zugleich spielerische Impulse setzt. Aus dem Mittelfeldzentrum heraus agierte der FCA in der vergangenen Saison selten gefährlich und wenig ideenreich.
Im Umschaltspiel des ehemaligen Trainers Markus Weinzierl waren diese Positionen bedeutend. Den rechten Flügel besetzten Daniel Caligiuri, André Hahn oder selten Noah Sarenren Bazee. Doch gerade Letzterer fällt wiederholt wegen Verletzungen aus. Auf der linken Angriffsseite ist Ruben Vargas gesetzt. Allerdings hat der Schweizer eine schwierige Saison hinter sich, in der er lediglich einen Treffer erzielte. Der Finne Fredrik Jensen dient nicht als Konkurrent, Leihspieler Andi Zeqiri (Brighton & Hove Albion) kehrt nach England zurück. Interessiert sein soll der FCA am 21-jährigen Schweden Alex Timossi Andersson (FC Bayern II), der in der vergangenen Runde an den österreichischen Erstligisten Austria Klagenfurt verliehen war.
Fazit Hoher Handlungsbedarf. Auf den Flügeln strahlte der FCA in der vergangenen Saison kaum Gefahr für den Gegner aus. Vargas steckte im Dauerformtief, Hahn und Caligiuri befinden sich im Herbst ihrer Karriere. Hier benötigt der FCA Tempo, Technik und Torgefahr.
Angriff
Hinter Florian Niederlechner liegt eine Spielzeit mit etlichen Verletzungen. Mit fünf Treffern und fünf Vorlagen in 25 Einsätzen war er Top-Scorer des FCA. Bester Torschütze war der Österreicher Michael Gregoritsch, dem wohl wenige acht Treffer zugetraut hätten. Hahn, der sich im Angriff inzwischen wohler zu fühlen scheint als auf der Außenbahn, steuerte fünf Treffer bei. Mit hohen Erwartungen hatte der FCA im Winter Ricardo Pepi verpflichtet. Der Rekordtransfer (13 Mio. Euro plus Boni) enttäuschte allerdings bislang. Alfred Finnbogason wäre im Vollbesitz seiner Kräfte eine echte Verstärkung gewesen, doch der Isländer war – wie so oft – vor allem verletzt und wird den Klub nach seinem auslaufenden Vertrag verlassen.
Fazit Kein Handlungsbedarf. Maurice Malone (zuletzt an Heidenheim verliehen) kehrt zurück, mit dem 17-jährigen Dzenan Pejcinovic verfügt der FCA über ein großes Torjägertalent. Statt sich teuer zu verstärken, kann er diesem Jungprofi eine Perspektive eröffnen.