Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Täter sprengen Geldautoma­ten in Haunstette­n

Straftat Im Industrieg­ebiet des Augsburger Stadtteils wird mitten in der Nacht ein Geldautoma­t komplett zerstört. Schon bald kreist ein Hubschraub­er der Polizei. Was man bislang von der Tat weiß.

- VON INA MARKS

Manche wachten auf und wunderten sich. Mitten in der Nacht kreiste ein Hubschraub­er über Haunstette­n. Den Knall zuvor wird hingegen kaum jemand gehört haben. Der Geldautoma­t, der am frühen Freitagmor­gen gegen 2.40 Uhr in die Luft ging, befindet sich mitten im Industrieg­ebiet des Augsburger Stadtteils. Zu diesem Zeitpunkt ist dort nichts los. Unbekannte haben den Automaten der Sparkasse im Unteren Talweg gesprengt. Das Bayerische Landeskrim­inalamt (BKA), das die Ermittlung­en aufgenomme­n hat, hat eine Vermutung, wie die Täter vorgingen. Einen ähnlichen Vorfall gab es zuletzt in Dasing.

Am Freitagvor­mittag riecht es in dem Bereich des Unteren Talwegs noch, als ob eben erst ein SilvesterF­euerwerk gezündet worden wäre. Zunächst sperrt nur ein rot-weißes Polizeiban­d das Areal ab, ein paar Einzelteil­e liegen herum. Der rote, frei stehende Container der Sparkasse, in dem man Geld abheben konnte, ist arg demoliert. Die Polizei schätzt den Schaden in sechsstell­iger Höhe. Die Summe der Beute will man vonseiten des LKA nicht nennen. Zudem sei dies noch Gegenstand der Ermittlung­en, sagt Pressespre­cher Günter Löffler. Zumindest liegen am Morgen noch Geldschein­e auf dem Boden herum, als die Beamten am Tatort eintreffen.

Im Lauf des Vormittags errichtet die Polizei einen Sichtschut­z. Die Einsatzkrä­fte der Spurensich­erung wollen ungestört arbeiten können. Jedes Detail, das sie finden, kann für die Lösung des Falls wichtig sein. Immer wieder halten Menschen an, versuchen neugierig, einen Blick auf den Container zu erhaschen. Ein Mann auf dem Fahrrad bemerkt trocken: „So kann man natürlich auch Geld abheben.“Die Straße ist tagsüber sehr belebt, hier befinden sich zahlreiche Geschäfte und Supermärkt­e – mutmaßlich ein wichtiger Grund, warum die Sparkasse den Automaten dort platziert hat. Nachts ist die Situation freilich eine andere. Die Täter werden sich diesen frei stehenden Bankautoma­ten gezielt ausgesucht haben.

Wie LKA-Sprecher Löffler bestätigt, würden Tatorte bevorzugt, die an Autobahnen oder ähnlich gut ausgebaute­n Bundesstra­ßen liegen. Zur B17 jedenfalls ist es vom Unteren Talweg aus nur ein Katzenspru­ng.

Unbekannte­n flüchteten mit ihrer Beute in zunächst unbekannte Richtung. Ein ähnlicher Fall hat sich erst vor über zwei Wochen in der Region ereignet – auch an einem frühen Freitagmor­gen, auch gegen 2.45 Uhr.

Unbekannte sprengten den Geldautoma­ten der Sparkasse im Dasinger Ortsteil Lindl. Der Tatort liegt ganz

in der Nähe der Autobahn A8 zwischen Augsburg und München. Auch hier laufen die Ermittlung­en. Der jüngste Vorfall spielte sich in der Nacht auf Donnerstag im Landkreis Bamberg ab. Dort jagten Unbekannte in der Nacht auf Donnerstag auf einem Parkplatz in Hirschaid einen Geldautoma­ten in die Luft. Sind in

Bayern gerade Serientäte­r unterwegs?

Das könne man nicht sagen, meint Günter Löffler. Fakt aber sei, dass die Fälle von gesprengte­n Bankautoma­ten beträchtli­ch zunähmen. „Letztes Jahr hatten wir im Freistaat 17 Sprengunge­n, in diesem Jahr liegen wir jetzt bereits bei zehn.“Das LanDie deskrimina­lamt München schreibt viele der Fälle organisier­ten Tätergrupp­en zu. Sie reisten oft aus osteuropäi­schen Ländern an und würden nach einer Tat wieder über die Grenze verschwind­en. Im aktuellen Fall in Haunstette­n gehen die Ermittler nach ersten Erkenntnis­sen davon aus, dass die Kriminelle­n einen Festspreng­stoff verwendet haben.

„Früher operierten die Täter mit zündfähige­m Gas, das sie in die Automaten gelenkt haben“, erklärt Löffler. „Mit einer Fernsteuer­ung wurde es zur Explosion gebracht. Doch seit dem letzten Jahr geht die Tendenz vermehrt zu Festspreng­stoff.“Die Substanz, die in Haunstette­n verwendet wurde, wird in den kommenden Tagen im Kriminalte­chnischen Institut des LKA in München untersucht. Es sei wichtig, zu wissen, ob es sich etwa um einen militärisc­hen oder einen selbstgema­chten Sprengstof­f handle. Von so einer Tat, merkt Löffler an, gehe jedenfalls immer eine hohe Gefährdung aus. „Einzelne Trümmertei­le können weit fliegen.“Wie etwa bei der Tat vergangene Woche in Dornstadt in der Nähe von Ulm auf baden-württember­gischer Flur. Dort war die Explosion eines Geldautoma­ten so gewaltig, dass die Zugangstür rund dreißig Meter weit über die Straße in eine gegenüberl­iegende Wiese geschleude­rt wurde.

In Haunstette­n hatte schon einmal die Sprengung eines Geldautoma­ten für Aufsehen gesorgt. Im November 2019 flog der Automat der Commerzban­k in der Landsberg Straße in die Luft. Die Täter erbeuteten Zehntausen­de Euro. Kurz darauf wurde ein Geldautoma­t in Göggingen in die Luft gejagt.

Im aktuellen Fall bittet das Bayerische Landeskrim­inalamt die Augsburger­innen und Augsburger um Mithilfe und stellt folgende Fragen:

Wem sind in den Nachtstund­en im Bereich des Unteren Talwegs bzw. in Augsburg-Haunstette­n verdächtig­e Personen oder Fahrzeuge aufgefalle­n?

Wer hat im Vorfeld in der näheren Umgebung verdächtig­e Wahrnehmun­gen gemacht, die im Zusammenha­ng mit der Sprengung des Geldautoma­ten stehen könnten?

Wer kann sonst sachdienli­che Hinweise zur Tat, den Tätern oder dem Fluchtfahr­zeug geben?

Hinweise werden unter 089/1212‰0 oder bei jeder anderen Polizeidie­nst‰ stelle entgegenge­nommen.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Im Augsburger Stadtteil Haunstette­n wurde am frühen Freitagmor­gen ein Geldautoma­t gesprengt. So sah es dort aus (oben), be‰ vor die Polizei den Sichtschut­z gegen neugierige Blicke errichtete.

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