Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Soldatenwallfahrt droht das Aus nach 66 Jahren
Brauchtum Die Biberbacher Wallfahrt hat eine lange Tradition, droht aber, nun zum letzten Mal stattzufinden. Der ausrichtende Verein steht vor einem existenziellen Problem.
Biberbach Dutzende Fahnen werden in die Höhe gestreckt, alle nacheinander in einer langen Reihe. Langsam bahnt sich der Zug seinen Weg zum „Herrgöttle von Biberbach“, der Wallfahrtskirche, hinauf. Der Anblick der Biberbacher Soldatenwallfahrt ist eindrucksvoll – Dutzende Vereine nehmen regelmäßig an der drittgrößten Wallfahrt im ganzen Landkreis teil. Die vergangenen zwei Jahre musste die vom Biberbacher Brauchtums- und Kameradschaftsverein (BKV) organisierte Veranstaltung pandemiebedingt ausfallen. Nun findet sie endlich wieder statt. Allerdings steht die seit 1956 bestehende Tradition vor dem Aus. Der Verein hat große Probleme und könnte sich noch in diesem Jahr auflösen.
„Bisher laufen die Vorbereitungen gut“, sagt Ralf Wiest, einer der beiden Vorsitzenden des Biberbacher BKV. Alle Einladungen an die Vereine wurden verschickt und auch für die Verpflegung rund um die diesjährige Friedenswallfahrt ist gesorgt. Doch trotz der abgeschlossenen Vorbereitungen ist die Stimmung beim BKV alles andere als rosig. Denn der Verein steht kurz vor der Auflösung. Der Grund: akuter Nachwuchsmangel. „Uns fehlen einfach die Mitglieder“, erzählt der andere Vereinsvorsitzende Franz Herden. Nicht einmal mehr einen Kanonier habe man, um regelmäßig bei Veranstaltungen Böllerschießen zu können. „Im Fußball würde man sagen: Wir haben einen Vorstand, aber keine Mannschaft mehr“, erklärt Herden.
Denn dem BKV gehen die Mitglieder aus. Zu großen Teilen setzen sich diese aus früheren Soldaten zusammen. Doch das Durchschnittsalter ist hoch, von etwa 100 Mitgliedern seien Herden zufolge rund zwei Drittel über 70 Jahre alt. Langjährige Mitglieder versterben, neue kommen kaum nach. Um diesem Problem entgegenzuwirken, fand vor Kurzem die Hauptversammlung des Vereins statt. Konkrete Lösun
gen habe man dabei aber nicht gefunden. „Wir haben uns entschieden, die diesjährige Wallfahrt noch abzuhalten und im September dann erneut zusammenzukommen“, erklärt Herden. Durch die Veranstaltung am Pfingstmontag erhoffen sich die beiden Vorsitzenden, neue Mitglieder für den Kameradschaftsverein begeistern zu können. „Denn das entscheidet dann im September, ob es mit uns weiter oder zu Ende geht“, formuliert es der Biberbacher Wiest klar.
Die Friedenswallfahrt ist also eine Art letzte Hoffnung für den BKV. „Wir brauchen ja keine Masse an
doch wir bekommen nicht mal drei bis vier junge Mitglieder dazu“, stellt Wiest resigniert fest. Diese sollen Rollen wie das Tragen der Fahne oder das Bedienen der Kanone übernehmen. Neben der Wallfahrt sollen den Sommer über alle Vereinsmitglieder aktiv auf potenzielle Neuzugänge zugehen. „Nur so bekommen wir die Menschen wirklich zu uns“, sagt Herden.
Dabei ist das Problem des Mitgliedermangels nicht neu. Schon 2014 waren sich die Verantwortlichen darüber bewusst. Daher änderte man Satzung und Namen des
Vereins. Aus dem Krieger- und Soldatenverein wurde der Brauchtumsund Kameradschaftsverein. Zuvor konnten nur ehemalige Soldaten Mitglied werden, seit der Änderung alle Bürgerinnen und Bürger. Zwar gewann man neue Mitglieder, doch nicht genügend.
Somit könnte die 63. Soldatenwallfahrt am Pfingstmontag die letzte in Biberbach sein. Wiest rechnet mit bis zu 40 teilnehmenden Vereinen und zahlreichen Zuschauern. Wegen einer Kommunionsfeier findet die Wallfahrt nicht wie gewohnt im Mai, sondern an Pfingsten statt. Sie steht in diesem Jahr ganz besonMenschen,
ders im Zeichen des Friedens. Da auch ukrainische Geflüchtete eingeladen wurden, verzichte der Verein auf Böllerschüsse nach der Andacht, sagt Vorstand Wiest. „Diese Geräusche kennen die Menschen aus ihrer Heimat schon viel zu viel.“
Termin Die Biberbacher Friedenswall fahrt findet am Pfingstmontag, 6. Juni statt. Ab 8 Uhr lädt der BKV Biberbach zum Treffen der Wallfahrtsteilnehmer am Gasthaus Magg ein. Dort wird der Tag mit einem Weißwurstfrühstück begon nen, auch nach der Wallfahrt und dem Gottesdienst ist dort für das leibliche Wohl gesorgt.