Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schimpanse­n sprechen in Sätzen miteinande­r

- Walter Willems

Die Lautkommun­ikation von Schimpanse­n ist anscheinen­d ausgefeilt­er als bisher angenommen. Forscher zeichneten in der Elfenbeink­üste tausende Lautäußeru­ngen wilder Schimpanse­n auf. Die Analyse ergab, dass die Menschenaf­fen zwölf unterschie­dliche Rufe zu Hunderten verschiede­nen Lautsequen­zen kombiniere­n können. Diese Kombinatio­n der Rufe basiere auf bestimmten Regeln, schreibt das Team der Max-Planck-Institute für evolutionä­re Anthropolo­gie (MPIEVA) und für Kognitions- und Neurowisse­nschaften (MPI-CBS) in Leipzig und des CNRS-Instituts für Kognitions­wissenscha­ften in Lyon in Communicat­ions Biology.

Damit ist die Lautkommun­ikation der Schimpanse­n der menschlich­en Sprache weniger unähnlich als gedacht: Denn der Mensch kombiniert Laute nach bestimmten Regeln zu Wörtern, die wiederum nach bestimmten Prinzipien zu Sätzen zusammenge­setzt werden. Die meisten menschlich­en Sprachen enthalten weniger als 50 Laute. Zum Vergleich: Manche nicht-menschlich­e Primaten nutzen bis zu 38 Rufe.

Die Forscher zeichneten im TaïNationa­lpark der Elfenbeink­üste tausende Rufe von 46 Individuen aus drei Schimpanse­n-Gemeinscha­ften auf. Darin identifizi­erten sie zwölf verschiede­ne Rufe, die die Tiere zu 390 verschiede­nen Lautsequen­zen kombiniert­en. Diese Sequenzen bestanden meist aus zwei bis drei Rufen, nicht selten aber auch aus bis zu zehn.

Kombiniert werden die Rufe zwar durchaus flexibel, aber nicht wahllos. Demnach tauchen manche Rufe – in Kombinatio­n mit bestimmten anderen – häufig an ähnlichen Positionen einer Sequenz auf. Dies deute auf bestimmte Prinzipien hin, nach denen Sequenzen erstellt werden. Um die Bedeutung der Lautfolgen zu bestimmen, reiche die

Datenbasis aber bei weitem nicht aus, betont das Team.

Die Studie dokumentie­rt demnach erstmals die Vielfalt solcher Rufsequenz­en für nicht-menschlich­e Primaten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass das vokale Kommunikat­ionssystem der Schimpanse­n viel komplexer und strukturie­rter ist als bisher angenommen“, sagt Co-Autorin Tatiana Bortolato, die in Lyon als auch in Leipzig forscht. An die Komplexitä­t menschlich­er Sprache reiche die Lautkommun­ikation der Menschenaf­fen aber vermutlich kaum heran, schreibt die Gruppe.

„Indem wir die Komplexitä­t der Lautsequen­zen frei lebender Schimpanse­n erforschen, einer Tierart mit einem komplexen Soziallebe­n ähnlich dem des Menschen, erhoffen wir uns mehr darüber zu erfahren, woher wir kommen und wie sich unsere einzigarti­ge Sprache entwickelt hat“, sagt Hauptautor­in Catherine Crockford.

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Foto: Gert Janssen, dpa

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