Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Still sitzen und abwarten

Natur Wer Vögel sehen möchte, braucht kein Profi zu sein. Aber es lohnt sich, Tipps von Fachleuten zu beachten, zum Beispiel von Kay-Uwe Reschke. Der macht das seit 40 Jahren!

- VON KAROLA EHRENBERG, DPA

Um Vögel zu beobachten, sollte man am besten früh losziehen. Und das nur bei schönem Wetter. „Dann sind die Vögel aktiver“, sagt Kay-Uwe Reschke. Der Mann muss es wissen. Die Vogelkunde ist sein großes Hobby. Das Fachwort dafür ist Ornitholog­ie.

An einem sonnigen Morgen ist in einem Wald in Berlin tatsächlic­h allerhand los. Lautes Zwitschern kommt aus allen Himmelsric­htungen. „Um einen Vogel trotz des dichten Laubs entdecken zu können, muss ich ihn erst hören“, sagt Kay-Uwe Reschke. Nach vierzig Jahren Vogelbeoba­chtung kann er die Arten an ihren Stimmen gut erkennen.

In dem Wald in Berlin hört er vor allem Vögel, die in Deutschlan­d häufig sind: Amseln, Meisen, Finken und Rotkehlche­n. Aber auch die nicht so bekannten Mönchsgras­mücken sind dort zu finden. Durch das Fernglas kann Kay-Uwe Reschke ein solches Männchen sehen, graues Gefieder mit einer schwarzen

Kappe. Der Vogel sitzt auf einem Ast, die schwarzen Federn leicht aufgestell­t. Er singt aus vollem Hals.

„Das ist der Balzgesang, den man hier überall hört“, erklärt Herr Reschke. Dieser Ruf kommt von männlichen Vögeln, die ihr Revier gegenüber Konkurrent­en verteidige­n und Weibchen auf sich aufmerksam machen wollen. „Für uns ist das schön anzuhören, aber für die Männchen ist das Stress.“

Ein Stück weiter bleibt Herr Reschke vor einer großen Buche stehen. Weit oben ist ein großes Loch im Stamm zu sehen. „Das ist die Höhle eines Schwarzspe­chts“, sagt er. Um diesen Vogel zu sehen, müsse man sich hinsetzen und warten. Das macht Herr Reschke sowieso gern. „Wenn man eine Weile still an einem Ort sitzt, nehmen die Vögel einen als Teil der Umgebung wahr. Dann kommen sie ganz nah an einen ran.“

Überhaupt sollte man sich beim Vogelbeoba­chten sehr ruhig verhalten, um die Vögel nicht zu vertreiben. Auf Tarnkleidu­ng komme es dagegen nicht an. „Vögel nehmen Farben sowieso ganz anders wahr als wir“, sagt Kay-Uwe Reschke.

Der Ornitholog­e rät, sich Wissen über Vögel anzulesen. Stare und Amseln suchen ihre Nahrung auf dem Boden, da kann man nach ihnen Ausschau halten. Mauersegle­r wird man dort hingegen nicht sehen. Diese Vögel jagen Insekten in der Luft. Auch beim Gesang einer Nachtigall weiß Herr Reschke sogleich, wo er hingucken muss: Sie sitzt gern auf einer Höhe von etwa drei Metern.

Bei der Vogelbeoba­chtung nach bestimmten Vögeln Ausschau zu halten, kann aber frustriere­nd sein, weshalb der Experte davon abrät. „Am besten ist es, wenn man ohne Erwartunge­n losgeht und offen ist für alles, was einem begegnet.“

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Fotos: Arne Dedert, dpa Ein singendes Rotkehlche­n. Wie das klingt? Kalle vom Youtube‰Kanal „Ornitholog­ie für Anfänger“erinnert es an einen plätschern­den Bach.
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Foto: Federico Gambarini, dpa Eine Elster in einem Feld aus Gänse‰ blümchen.

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