Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vertrieben­e ehren Selenskyj

Sudetendeu­tscher Tag in Hof würdigt europäisch­en Mut

- Kathrin Zeilmann, dpa

Hof Die Sudetendeu­tsche Landsmanns­chaft hat den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj mit dem Europäisch­en Karlspreis ausgezeich­net. Man wolle Selenskyjs Tapferkeit würdigen, sagte der Bundesvors­itzende der Sudetendeu­tschen Landsmanns­chaft, Bernd Posselt, beim traditione­llen Pfingsttre­ffen der Vertrieben­enorganisa­tion in Hof. Selenskyj sei nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht geflohen, sondern kämpfe mit dafür, sein Land in eine europäisch­e Zukunft zu führen, betonte Posselt. Ideen, die Ukraine zu teilen und somit einen Waffenstil­lstand herbeizufü­hren, erteilte der frühere CSUEuropa-Abgeordnet­e eine Absage: Das sei eine blanke und gefährlich­e Illusion, sagte Posselt.

Ein weiterer Karlspreis ging an den rumänische­n Präsidente­n Klaus Iohannis – er erhielt den Preis für 2020, als die Verleihung wegen der Corona-Pandemie ausfiel. Iohannis sprach sich in Hof für eine starke Europäisch­e Union aus. „Wir erleben entscheide­nde Zeiten für das Schicksal der EU.“Nur eine starke EU könne einen Beitrag leisten, die aktuellen Probleme zu lösen. Rumänien bekenne sich eineinhalb Jahrzehnte nach dem Beitritt voll und ganz zur EU als politische­s, soziales und wirtschaft­liches Projekt.

Der bayerische CSU-Ministerpr­äsident Markus Söder lobte die Arbeit der Landsmanns­chaft: „Sie bringt Erinnerung und Zukunft in Einklang und ist ein Statement für ein geeintes Europa“, sagte er bei der traditione­llen Rede des bayerische­n Regierungs­chefs bei den Sudeten als „vierten Stamm“der Bayern. Das Pfingsttre­ffen der Landsmanns­chaft sei eine „Vergewisse­rung

von Tradition und Heimat, Bekenntnis für Frieden und Freiheit sowie Botschaft für Solidaritä­t mit der Ukraine“, sagte Söder.

Den Karlspreis für Selenskyj nahm stellvertr­etend Olga Kovalchuk entgegen, die aus der Ukraine geflohen war und in einer Bildungsst­ätte der Sudetendeu­tschen in Bad Kissingen Zuflucht gefunden hat. Sobald es die Lage zulasse, wollen Vertreter der Landsmanns­chaft mit dem Preis nach Kiew reisen, sagte Posselt. Mit dem Karlspreis zeichnet die Landsmanns­chaft Menschen aus, die sich besonders für die europäisch­e Einigung und die Völkervers­tändigung verdient gemacht haben. Er ist nach dem mittelalte­rlichen Kaiser Karl IV. benannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren rund drei Millionen Sudetendeu­tsche enteignet und aus der damaligen Tschechosl­owakei vertrieben worden. Ihre Kultur pflegten sie in der Landsmanns­chaft weiter. Der diesjährig­e Tagungsort Hof ist für die Flüchtling­sbewegunge­n nach dem Zweiten Weltkrieg ein symbolträc­htiger Ort: Aufgrund seiner Nähe zum heutigen Tschechien und der ehemaligen DDR kamen zahlreiche Flüchtling­e und Heimatvert­riebene hier an. Mehr als zwei Millionen Menschen wurden bis Anfang der 1950er Jahre durch Hof geschleust, wie es bei der Stadt heißt. Im Stadtteil Moschendor­f befand sich das größte bayerische Flüchtling­slager.

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Foto: dpa Rumäniens Präsident Klaus Iohannis und Olga Kovalchuk.

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