Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Poker um Enrico Maaßen hat begonnen
Der FC Augsburg will den Trainer von Dortmund II verpflichten. Doch die Borussia ziert sich noch.
Augsburg Die Liste mit möglichen Nachfolgern für Trainer Markus Weinzierl war lang. Darauf fanden sich Namen wie Peter Zeidler, Gerhard Struber, Thomas Letsch oder Sebastian Hoeneß. Sportvorstand Stefan Reuter und Christoph Janker, Leiter der Lizenzspielerabteilung des FC Augsburg, prüften alle gründlich, holten Erkundigungen ein, sprachen mit einigen Kandidaten selbst, am Ende blieb ein Name übrig: Enrico Maaßen, Trainer von Borussia Dortmund II. Der 38-Jährige soll der neue Trainer des FC Augsburg werden. Mit Maaßen ist sich der Bundesligist inzwischen einig geworden. Doch es gibt da ein Problem. Maaßen steht in Dortmund bis 2024 unter Vertrag.
Am Freitag nahm der FCA nun darum erstmals mit Sebastian Kehl Kontakt auf. Das verriet der neue Sportdirektor der Borussen selbst am Sonntag, als das intensive Werben
des FCA um das Trainertalent öffentlich bekannt geworden war. Der TV-Sender Sky berichtete sogar, dass der Wechsel eigentlich fix sei, nur noch Details zu klären seien. Dies dementierte Kehl aber: „Um ehrlich zu sein, bin ich schon sehr irritiert darüber, dass das Thema in den Medien auftaucht und hier mitunter sogar bereits Vollzug gemeldet wird.“Seit Freitag habe „es exakt ein Gespräch gegeben. Von einer Einigung, geschweige denn von einem Vollzug kann Stand jetzt überhaupt keine Rede sein.“
Der Poker um die Ablösesumme, die sich im hohen sechsstelligen Bereich bewegen soll, hat begonnen, Verhandlungen laufen. Beim FCA will man sich, wie immer, zu Gerüchten nicht äußern. Doch nach Informationen unserer Redaktion zeigt man ein gewisses Verständnis für Kehls Reaktion, ist aber zuversichtlich, dass man sich mit der Borussia zügig, vielleicht noch in dieser Woche, einigen wird.
Nachdem Schalke 04 am Dienstag bekannt gibt, wer die vakante Trainerposition beim Aufsteiger besetzen wird, aller Voraussicht nach wird es der gebürtige Memminger Frank Kramer sein, ist der FCA der einzige Bundesligist, der diese wichtige Stelle noch nicht besetzt hat.
Dies wird Sportvorstand Reuter nicht groß beeindrucken. Er weiß, dass er diesmal mit seiner Trainerwahl richtig liegen muss, um die
Kritik an ihm verstummen zu lassen. Sechs Trainerwechsel in den letzten sechs Jahren haben Reuters Kredit aufgezehrt. Deshalb gilt: Sorgfalt vor Schnelligkeit. Zudem war der FCA nicht der einzige Werber um Maaßen. Der konnte selbst auswählen. Der gebürtige Wismarer (Mecklenburg-Vorpommern), der selbst nie im Profibereich gespielt hat, gilt als einer der heißesten Trainer-Aktien auf dem Markt.
Maaßen ist seit rund zweieinhalb Jahren Trainer beim BVB II, war zuvor beim Viertligisten SV Rödinghausen. Dort machte er vor allem mit Sensationssiegen im Pokal auf sich aufmerksam. In Dortmund führte er die Bundesliga-Reserve in die 3. Liga und hielt in seiner ersten Saison als Profi-Trainer souverän als Neunter die Klasse. Beim BVB hält man große Stücke auf Maaßen, weil er Talente entwickelt, einen intensiven, offensiven Spielstil pflegt, Team und Umfeld mitreißen kann. Alles Attribute, die der FCA sucht.
Allerdings hat sein Image ein paar Kratzer bekommen, da man beim BVB davon ausgegangen war, dass Maaßen noch mindestens ein Jahr bleibt. Gerüchte um einen Wechsel zum FCA hatte Maaßen vor kurzem sogar noch dementiert. Vielleicht hatte Kehl auch deswegen am Sonntag keine so gute Laune. Doch am Ende wird der BVB Maaßen und dem FCA wohl keine unüberwindbaren Hürden in den Weg stellen.
Der BVB II scheint nicht nur eine gute Entwicklungsabteilung für Spieler, sondern auch für Trainer zu sein. So gelang nicht nur David Wagner (Huddersfield, Schalke, Young Boys Bern), sondern auch Daniel Farke (Norwich City, Krasnodar) der Karrieresprung. Für Maaßen und Farke wird es in der kommenden Saison ein Wiedersehen geben, sollte der FCA-Deal klappen. Denn Farke wurde am Sonntag als neuer Gladbacher Trainer vorgestellt. Auch die Borussia hatte lange gesucht.