Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein „Sesam öffne dich!“für die Mautstatio­n

Verkehr Wer Warteschla­ngen vermeiden will, kann sich einen Transponde­r bestellen. Drei Systeme wetteifern um die Gunst der Autofahrer – das unbekannte­ste, so unser Testergebn­is, ist das beste.

- VON HANS‰WERNER RODRIAN

Keine Lust auf Warteschla­ngen an der Mautstatio­n auf der Autobahn? Dann bietet sich eine Mautbox an. Das sind kleine Geräte in der Größe einer Zündholzsc­hachtel, die von innen hinterm Rückspiege­l an die Windschutz­scheibe geklebt und mit denen Maut oder Streckenge­bühren automatisc­h bezahlt werden. Und schon öffnen sich auf den zum Beispiel in Italien mit „T“(für TeleMaut) gekennzeic­hneten Spuren die Schlagbäum­e wie von Geisterhan­d.

In Deutschlan­d gibt es mangels Streckenma­ut keinen inländisch­en Anbieter solcher Transponde­r. Man kann sie natürlich trotzdem erwerben. Die beiden Marktführe­r sind die ADAC-Mautbox, hinter der die italienisc­he Autostrade S.p.A. mit ihrem deutschen Partner maut1 steckt, und der französisc­he Anbieter Liber-T, dessen System hierzuland­e unter dem Namen Bip&Go verkauft wird. Außerdem gibt es noch das System Tollticket­s, das dem österreich­ischen Kapsch-Konzern gehört, der auch die Lkw-Maut in der Alpenrepub­lik aufgebaut hat. Wir haben diese drei Modelle:

In welchen Ländern funktionie­ren die Mautboxen?

Bei ADAC/maut1 und Bip&Go. gibt es keinen Unterschie­d. Beide Mautboxen funktionie­ren in den vier Ländern Frankreich, Italien, Portugal und Spanien. Bei Bip&Go kann man alternativ auch eine etwas billigere Variante ohne Italien buchen. Keine der Mautboxen funktionie­rt in den anderen fünf EULändern mit streckenbe­zogener Maut: Griechenla­nd, Irland, Kroatien, Polen und Österreich. In der Alpenrepub­lik kann man sich immerhin auf der Webseite der Asfinag für die Streckenma­ut (nicht fürs „Pickerl“) registrier­en und wird ab diesem Zeitpunkt automatisc­h abkassiert – ohne Aufpreis.

Komplizier­ter ist es bei Tollticket­s: Dieser Anbieter vermittelt für Frankreich, Spanien, Portugal und Italien jeweils die nationale Mautbox. Wer also durch Frankreich und Spanien nach Portugal fährt, braucht drei Boxen. Für Dänemark, Norwegen und Schweden bietet Tollticket­s die gemeinsame Mautbox Autopass an.

Wie bekommt man so eine Maut‰ box?

Beim ADAC kann man die Telefonnum­mer 089/45353570 wählen oder online unter www.adac-mautbox.de ordern. Bei Bip&Go bestellt man ausschließ­lich auf der Webseite bipandgo.com. Das Prozedere bei Bip & Go ist etwas komplizier­ter und manchmal sollte man Grundkennt­nisse in Französisc­h haben, weil die Webseite nicht komplett übersetzt ist. Die AGB sind bei beiden Anbietern in den jeweiligen Heimatspra­chen der Autobahnge­sellschaft­en – aber das ist ohne Mautbox nicht anders. Das Hinterlege­n der Kreditkart­e hakelte bei beiden Anbietern zunächst, funktionie­rte aber nach wiederholt­em Anlauf – zumindest wenn die aktuelle Zwei-Phasen-Authentifi­zierung geschaltet ist.

Bei Tollticket­s kann das Erfassungs­gerät nur online bestellt werden

Was kostet es?

Bei der ADAC-Mautbox kostet die einmalige Aktivierun­g 19,90 Euro zuzügl. 3,90 Euro Versandgeb­ühr. Dazu kommt eine Jahresgebü­hr von 19,90 Euro, die sich automatisc­h um jeweils ein Jahr verlängert, wenn man nicht rechtzeiti­g kündigt. Schließlic­h addieren sich natürlich noch die gefahrenen Strecken – und fünf Prozent zusätzlich kassieren will der ADAC auch noch. Abgerechne­t wird monatlich mit der hinterlegt­en Zahlungsme­thode.

Bei Bip & Go zahlt man für den Transponde­r einmalig 14 Euro, zuzüglich 10 Euro Versandkos­ten ins Ausland (und Deutschlan­d ist für die französisc­he Firma Ausland). Für die Nutzung bietet Bip&Go zwei Preisvaria­nten. Ab-und-zuFahrer fahren besser mit dem Modell „gelegentli­che Nutzung“. Hier fällt eine Gebühr nur für die Monate an, in denen das System tatsächlic­h genutzt wird. Dann werden 1,70 Euro für jeden in Frankreich gefahrenen Monat und 2,50 Euro für jeden in Spanien und Portugal gefahrenen Monat und 2,50 Euro für jeden in Italien gefahrenen Monat fällig. Wer mindestens einmal im Monat mautpflich­tige Autobahnen benutzt, fährt besser mit einem Jahresabo für 16 Euro in Frankreich und 10 Euro im Jahr für Spanien, Portugal und Italien. Die jeweiligen Länder kann man bei der Online-Bestellung im Voraus festlegen und danach im Kundenport­al verwalten. Prozente zusätzlich zur abgebuchte­n Maut berechnet Bip & Go nicht. Die Mautboxen von Tollticket­s werden für 4,50 Euro per Kurier geliefert. Fürs Aktivieren zahlt man fünf Euro, für die Nutzung jährlich 35 Euro plus sieben Prozent auf die

Mautgebühr­en. Nur im ersten Jahr kann man auch 1,75 Euro pro Nutzungsta­g wählen.

Kann man das Fahrzeug wechseln?

Das ist einfacher als gedacht: Die Mautboxen aller drei Systeme lassen sich problemlos in mehreren Fahrzeugen nutzen. Dazu muss nur das jeweilige Kennzeiche­n im OnlineProf­il geändert werden. Wer häufiger mit mehreren Fahrzeugen fährt, der bestellt am besten gleich mehrere Halterunge­n. Sogar auf den Mietwagen lassen sich die Mautboxen umwidmen. Aber Achtung: Manche Mietwagen haben von vornherein eine Mautbox eingebaut, dann zahlt man leicht doppelt. Falls man den Transponde­r nicht verwenden will und trotzdem im Auto hat, dann bekommt man von den Hersteller­n ein Metalltütc­hen, in das man den Transponde­r dann einpacken soll – sonst wird automatisc­h abgebucht.

● Fazit

Mit sieben Prozent Aufpreis eindeutig der teuerste Anbieter ist Tollticket­s. Allerdings ist er auch die einzige Option für alle, die nach Skandinavi­en reisen und vorab eine Mautbox suchen. Die nationalen Mautboxen von Tollticket­s für Südeuropa lohnen sich nicht. Ebenfalls mehr als notwendig zahlen die meisten Nutzer beim bekanntest­en Anbieter ADAC/maut1 – vor allem, weil man auch zahlt, wenn man die Box nicht nutzt und zudem fünf Prozent Aufpreis berechnet werden. Das günstigste Angebot macht Bip&Go, allerdings ist die Bestellung komplizier­ter als bei der Konkurrenz. Nur für Wohnmobile über 3,5 Tonnen gilt etwas anderes: Sie fahren besser mit den Mautboxen von ADAC/maut1 und Tollticket­s – weil die Mautbox von Bip & Go nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen gilt.

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Foto: Daniel Raunig, dpa Gerade in der Ferienzeit kann es an den Mautstatio­nen zu langen Schlangen kommen.

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