Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf von Behrings Spuren
Dem ersten MedizinNobelpreisträger ist in Marburg eine eigene Route gewidmet.
Ein schönes Plätzchen hat sich der berühmte Mediziner für seine letzte Ruhe ausgewählt. Sanft schmiegt sich das schmale, leicht ansteigende Tal zwischen den Waldsaum. An seinem Ende steht das mausgraue Mausoleum mit der blauen Kuppel, in der eine Büste Emil von Behrings (1854 bis 1917) steht. Schon zu Lebzeiten soll sich der erste Medizin-Nobelpreisträger Gedanken über das Jenseits gemacht haben. Den Bau des Mausoleums gab der gebürtige Preuße ein Jahr vor seinem Tod persönlich in Auftrag.
Von Behring entwickelte mit Kollegen eine Behandlung gegen die Diphtherie. Sein Serum nahm der Krankheit, an der viele Kinder starben, den Schrecken. Dafür bekam Emil von Behring den Nobelpreis und eine Bezeichnung, die bis heute mit ihm verbunden ist: „Retter der Kinder“. Als von Behring 1917 in seiner Wahlheimat Marburg starb, trauerten nicht nur die Honoratioren der altehrwürdigen PhilippsUniversität.
1895 wurde von Behring Direktor des Hygienischen Instituts an der Medizinischen Fakultät
der Universität Marburg. Die Skepsis gegenüber der hessischen Provinz legte der Immunologe schnell ab. Mit seiner Frau bezog von Behring eine schmucke Villa, wo er beim „Marburger Kränzchen“Fachgespräche mit Kollegen führte. Er kaufte einen alten Gutshof und richtete dort ein Privatlabor ein, das der Grundstein für die Behringwerke war. Heute arbeiten hier rund 6000 Menschen in dem Biotech-Center. Lange war der Nobelpreisträger im Bild Marburgs wenig präsent. Im Gegensatz beispielsweise zu der Heiligen Elisabeth, die Marburg im
Mittelalter einen unablässigen Pilgerstrom bescherte und deren zweitürmige Kirche eines der Wahrzeichen der Stadt ist. Oder den Gebrüdern Grimm, die während ihres Jurastudiums in Marburg lebten und hier ihre ersten beiden Märchen niederschrieben. Um daran zu erinnern, führt ein „Grimm-dich-Pfad“durch die Stadt, entlang von Skulpturen wie einer XXL-Version von Aschenputtels Schuh. Doch mit der Behring-Route hat sich das geändert. An zwölf Stationen steht das Leben und Schaffen des Mediziners und Forschers im Mittelpunkt. Die Route führt vom
Hauptbahnhof in einem großen Bogen durch Marburgs Nordwesten bis in die Nähe des Landgrafenschlosses. Drei bis dreieinhalb Stunden sollte man dafür einplanen.
Krönender Abschluss der BehringRoute
Eine der Haltepunkte: Behrings früherer Wohnsitz am Rande der Innenstadt. Die feudale zweistöckige Villa präsentiert sich wie vor 100 Jahren, nur dass auf dem großen Platz davor keine Pferdekutschen, sondern Autos parken. In Behrings früherem Heim ist heute das Dekanat des Fachbereichs Pharmazie der Uni untergebracht.
Weiter verläuft die Route aus der Innenstadt hinaus zum Mausoleum und dann zu den Behringwerken. Auf dem weiteren Weg geht es unter anderem um die von ihm entwickelte Serumtherapie und das nicht immer spannungsfreie Verhältnis zu Forscherkollegen. Die Behring-Route endet in der Nähe des Schlossparks. Von hier ist man schnell am Landgrafenschloss. Und genießt den Ausblick über das Gewimmel von Fachwerkhäusern und schiefen Kirchtürmen.