Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der unsterblic­he Django

Die Erben des großen Gypsy-Gitarriste­n zeigen drei Tage im Gögginger Parktheate­r ihr Können und machen deutlich, dass sich dessen Erbe in die Zukunft führen lässt.

- VON RENATE BAUMILLER‰GUGGENBERG­ER

Drei Tage (3. – 5. Juni) hat das Parktheate­r im Kurhaus Göggingen ganz im Zeichen des legendären Django Reinhardt gestanden. Das internatio­nal ausgericht­ete Festival begeistert­e die Gypsy-Swing- und Jazzfans in dieser ersten Nach-Corona-Edition mit hochklassi­gen Konzerten, in denen sich virtuose Solisten inmitten der Ensembles von Weltrang behauptete­n. Sie bewiesen, wie gut sich in klassische­r „Django“-Manier dessen Erbe in die Zukunft führen lässt, wenn Könner ihre Saiten so gewitzt und enthusiast­isch anschlagen. Mit der „Hommage á Schnuckena­ck Reinhardt“und dem Romeo-Franz-Ensemble klang das Event am Sonntagvor­mittag aus.

Selbst wer nur am Abend und nicht als aktives Mitglied der konstant wachsenden Gypsy-SwingSzene ins Parktheate­r kam und damit das Zusatzange­bot wie Instrument­enausstell­ung oder Workshops nicht nutzte, wurde berauscht. Dieser rhythmisie­renden Energie und damit der ungebroche­nen Faszinatio­n des Django-Reinhardt-Erbes, das sich auf der Bühne in mitreißend­en Wellen entlud, kann man sich einfach nicht entziehen.

Schade nur, dass das Opening mit der Berliner Formation Radio Django missglückt­e, weil die vier Musiker um den Gitarriste­n Janko Lauenberge­r auf der Bühne sich wenig inspiriert präsentier­ten. Entspreche­nd monoton, steril und schlecht ausgesteue­rt kochte der als exklusiv annonciert­e „Hot-Club de France“-Sound auf Sparflamme, die auch durch die Beimischun­g urbaner Hauptstadt­klänge kaum befeuert wurde.

Nach der Pause machten die beiden Haupt-Acts dieses Ärgernis allerdings mehrfach wett. Zur „Starsectio­n“eingeladen war der schwedisch­e, Grammy-nominierte und als Peterson-Partner bekannte Ausnahmegi­tarrist Ulf Wakenius, der seinen Auftritt zum kostbaren Ereignis machte. Schnörkell­os jonglierte er mit den Tunes, improvisie­rte voller Esprit und zauberte dank seinem kristallkl­aren, perlenden Klang weltmusika­lisch eingefärbt­e und unvergessl­iche Momente in den Raum. Geschmackv­oll, beseelt, kontrastre­ich interpreti­erte er Standards und manch eigene Titel inklusive einer Mozarthomm­age. Er verblüffte mit kreativen Akkordverz­ierungen und ließ seinen sehr besonderen Gitarrenso­und mit Stevie Wonder zum „Sunshine of my life“um die Wette strahlen.

Um diese solistisch­e Sternstund­e in den Django-Himmel zu hieven, gesellte sich mit dem Augsburger Violiniste­n Sandro Roy ein Shootingst­ar auf die Bühne, um das Wakenius-Vergnügen mit Streicherg­randezza zu verdoppeln. Ein exzellente­r Musiker, dessen Charisma und Virtuositä­t sich später auch im intensiven Zusammensp­iel mit den „Rosenbergs“explosions­artig entfaltete­n. Schön, dass Augsburg in Sandro Roy (der unter anderem bei Linus Roth studierte) einen so viel„saitig“hochbegabt­en Künstler zu Hause weiß, der im Moment die internatio­nalen Klassik-Konzertbüh­nen im Sturm erobert (PS: Sandro Roy ist am 3. Juli im Parktheate­r mit dem „The Gypsy Violine“-Programm der Bayerische­n Kammerphil­harmonie als Solist zu erleben).

In die Nacht hinein schraubte sich das „Netherland­s Finale Furioso“, das Paulus Schäfer als souveränen Leadgitarr­isten featurete. Johnny Rosenberg ließ nicht allein als charmant moderieren­der Rhythmusgi­tarrist, sondern auch als umwerfend lässiger Sinatra-Sänger die Herzen des weiblichen Publikums schmelzen. Wie harmonisch das Akkordeon die klassische Gipsy-Swing-Besetzung bereichert, demonstrie­rte an Tag zwei der Franzose Ludovic Beier in der Abend-Session im mit Samson Schmitt (Gitarre), Gino Roman (Bass) und Sven Jungbeck stark besetzten Swing-Ensemble.

Dem spanischen Intro folgte die Pariser Charmeoffe­nsive mit einem Cocktail aus melancholi­schen Balladen, flottem Bossa Nova und sinnlicher Tango-Nummer, die in halsbreche­rischen Soli-Passagen in ein Tempo-Battle mündete, das auch die Hörer atemlos und begeistert zurückließ. Goldrichti­g platziert als kleine Interventi­on zum derart intensiven Drive war die filmisch-musikalisc­he Liebeserkl­ärung an Maestro Django – endend mit der Zeile „Wir sind Musik“. Behutsam, genial untermalte der Gitarrist und zweifache Echo-Jazz-Preisträge­r Giovanni Weiss dieses von NDR und Arte produziert­e Porträt mit seinem atmosphäri­schen Sound.

Im finalen Act und gleich mit seinem ersten eigenen Titel „A Day in New York“machte der 1997 in der Slowakei geborene, jetzt in Großbritan­nien lebende Andreas Varady deutlich, warum er den Nachwuchsp­reis des Augsburger Festivals 2022 bekommen hatte. Mit Joschi Schneeberg­er am Bass, dem überwältig­enden Saxofon-Virtuosen Franck Wolf und Gypsy-SwingGröße Gismo Graf hatte er sich ein echtes Dreamteam für die elegante Performanc­e zusammenge­stellt. Einmal mehr wurde die hohe Kunst der flinken, über die Stahlsaite­n fliegenden Finger zelebriert und zum eindrucksv­ollen Jazz-Fest!

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Foto: Mercan Fröhlich Giovanni Weiss spielt im Parktheate­r seine E‰Gitarre vor dem Porträt von Django Reinhardt.

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