Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Setzen, essen, Klappe halten
Kurios Warum ein Restaurant in Australien auf schlechten Service baut.
Alles hat seinen Sinn. Er erschließt sich halt nicht immer gleich. Hier etwa: Fußballspiel, 89. Minute, Elfmeter für den Lieblingsklub, Chance zum Sieg. Der Ball geht… – nicht ins Tor. Drama, Tränen, Wochenende gelaufen. Und wenn man die Geschichte anders erzählt? Der Ball segelt am Tor vorbei, landet auf der Tribüne und dort in den Armen eines kleinen Jungen aus einfachen Verhältnissen, der das nie mehr vergessen und deshalb glücklich bis ans Ende seiner Tage leben wird. Ach, schon ist der Weltuntergang nicht mehr ganz so betrüblich.
Mit neuem Lebensmut also hinein ins Restaurant „Karen’s Diner“
im australischen Sydney. Am Eingang wird man erst mal fünf Minuten ignoriert. Dann schlurft eine sichtlich genervte Kellnerin vorbei und raunzt: „Habt ihr reserviert? Na, dann könnt ihr ja auch noch was warten.“Auf einem Schild stehen Benimmregeln wie: „Setzt euch hin und haltet die Klappe.“Irgendwann schmeißt die Kellnerin die Speisekarte aus zwei Metern Entfernung lustlos Richtung Tisch. Sollte jemand später was nachbestellen, blökt sie: „Jetzt kommst du damit? Hättest du dir das nicht früher überlegen können?“Und nun die Gretchenfrage: Was bitte schön macht Sinn bei so viel Unverschämtheit?
Die Betreiber sagen: alles. Denn der rotzige Ton (soll ja nur Spaß sein, heißt es) ist das Geschäftsmodell von „Karen’s Diner“. Manche sagen: Der Laden ist Kult. Das Konzept „Tolles Essen, schrecklicher Service“mit der Optik im Stil der 50er Jahre kommt so gut an, dass eine Filiale nach der anderen öffnet. Bald soll es in die USA und nach Kanada gehen. Deutschland ist bislang nicht dabei. Solche Töne in einem heimischen Lokal, wäre ja noch schöner …