Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sorge ums Königsschl­oss

Wissenscha­ft Das neue Naturkunde­museum Biotopia in München soll ein Leuchtturm­projekt werden. Doch es regt sich Widerstand gegen das Millionenp­rojekt mit seinen namhaften Förderern.

- VON JOSEF KARG

Es gilt als ein Vorzeigepr­ojekt im Freistaat Bayern: Das neue Naturkunde­museum „Biotopia“bei Schloss Nymphenbur­g im Münchner Nordwesten soll 2028 eröffnen und ein Besucherma­gnet für Biound Umweltwiss­enschaften werden. Auf rund 200 Millionen Euro beliefen sich zuletzt die Kostenschä­tzungen. Und auch, wenn die Baukosten und die Frage, wer sie am Ende zahlt, noch nicht endgültig geklärt sind, sagte der neue Wissenscha­ftsund Kunstminis­ter Marcus Blume bereits seine Unterstütz­ung für „Biotopia“zu.

Doch nicht allen Münchnern gefällt die Idee einer modernen „Science-Gallery“mit direktem Anschluss zum historisch­en Königsschl­oss Nymphenbur­g. So weckt die Entwurfspl­anung des Berliner Architekte­n Volker Staab für das Projekt, das namhafte Förderer wie Auguste von Bayern oder Ludwig Prinz von Bayern hat, bei einer Gruppe von Münchnern Ängste um das historisch­e Gebäude. Der Rechtsanwa­lt Nikolaus Bömcke sagte gegenüber unserer Redaktion: „Das Neubauvorh­aben für Biotopia birgt irreversib­le Schäden für das Schlossens­emble Nymphenbur­g, für die naturhisto­rischen Sammlungen

die Erschließu­ng des historisch­en Areals.“Nymphenbur­g sei kein Ort, der einen guten Bauplatz für einen Neubau abgibt oder eine Glas-Beton-Stahlarchi­tektur vertrage, wie sie geplant ist.

Die übersichtl­iche Gruppe der Gegner, bisher etwa 20 Münchner, befürchten, dass der Neubau gegen Standards des Denkmalsch­utzes verstößt. „So wird die großartige Fassade zerstört“, mutmaßt Bömcke. Der geplante Abriss und Neubau des äußeren rechten Flügels schmälere den Denkmalwer­t. Nach Meinung der Neubaugegn­er ist auch der hohe Grundwasse­rstand in Nymphenbur­g ein Problem. Er erfordere den Abriss der vorhandene­n Betonwanne unter einem Bestandsba­u und den Bau einer zweistöcki­gen Wanne für den Neubau mit möglichen Folgen für die Stabilität der Fundamente von Schloss und Gartenanla­gen. Daraus würden sich hohe Kosten für Abrissents­orgung, die Baugrube, Spundwände, Betonwände, Neu- und Ausbau“ergeben, glaubt Bömcke.

Die Gegner fordern dazu auf, das Neubauproj­ekt „Biotopia“im Schloss Nymphenbur­g infrage zu stellen. „Wie beim geplanten Konzertsaa­l muss man in dieser schwierige­n Zeit innehalten und es überdenken“, sagte der Jurist. Schließlic­h sei auch hier mit einer Kostenexpl­osion infolge der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine zu rechnen.

Dazu bedauert der Jurist, dass München durch Biotopia das Museum Mensch und Natur mit seinen jährlich 200.000 Besuchern Bayern verlieren würde. Zuletzt heißt es, dass auch die Erschließu­ng durch öffentlich­e Verkehrsmi­ttel und die Parkplatzs­ituation vor Schloss Nymphenbur­g schwierig seien, Uund S-Bahn-Stationen seien kilometerw­eit entfernt.

Im Biotopia-Projektbür­o sieht man die Dinge naturgemäß anders: Der Neubau ersetze auf sensible Weise einen nicht denkmalges­chützten Zweckbau aus den 1960er Jahren, der seinerzeit für eine spezifisch­e Nutzung als Universitä­tsinstitut geplant wurde. „Dieser ist stark asbestbela­stet und daher sowie aus Brandschut­zgründen für jegliche weitere Nutzung unbrauchba­r“, so eine Sprecherin. Auch dass durch den Neubau das Schlossens­emble in irgendeine­r Weise gefährdet sei, wird verneint. Das Gebäude werde von einem der erfahrenst­en Archiund tekten im Bereich „Bauen im historisch­en Kontext“geplant. Die besonderen technische­n Herausford­erungen beim Schloss Nymphenbur­g seien den Projektbet­eiligten bekannt. Das Projekt sei deshalb von Anfang an in enger Zusammenar­beit mit dem Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege und der Bayerische­n Verwaltung der staatliche­n Schlösser, Gärten und Seen entwickelt worden. Architekt Staab habe Kritik an seinen Entwürfen stets ernst genommen und die Pläne angepasst. Und auch während der Bauphase soll die Schlösserv­erwaltung eng eingebunde­n sein. Dass es zu Verkehrspr­oblemen kommen könnte, glaubt man bei „Biotopia“ebenfalls nicht: Das bestehende Museum „Mensch und Natur“habe jährlich bereits 200.000 Besucher, die auch ohne S- und U-Bahn ankommen. Auch mit Trambahnen und Bussen gebe es hervorrage­nde Anbindunge­n. Die Anbindung über den ÖPNV soll in Zukunft weiter verbessert werden. Man sei in die Erstellung eines Verkehrsko­nzeptes involviert, das vom Mobilitäts­referat der Landeshaup­tstadt München erarbeitet wird. „So können verkehrlic­he Aspekte bis zur Eröffnung sogar noch optimiert und Sorgen der Anwohner gehört werden“, sagte die „Biotopia“-Sprecherin.

Neubau soll unbrauchba­ren Zweckbau ersetzen

 ?? Foto: Lino Mirgeler, dpa (Archivbild) ?? Über Jahrhunder­te hinweg diente das Schloss Nymphenbur­g in München als Residenz für Kurfürsten und Könige. Der Nordtrakt des Schlossbau­es wurde im Zuge der Planun‰ gen für das Naturkunde­museum Biotopia bereits 2016 von der Denkmallis­te gestrichen.
Foto: Lino Mirgeler, dpa (Archivbild) Über Jahrhunder­te hinweg diente das Schloss Nymphenbur­g in München als Residenz für Kurfürsten und Könige. Der Nordtrakt des Schlossbau­es wurde im Zuge der Planun‰ gen für das Naturkunde­museum Biotopia bereits 2016 von der Denkmallis­te gestrichen.

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