Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sorge ums Königsschloss
Wissenschaft Das neue Naturkundemuseum Biotopia in München soll ein Leuchtturmprojekt werden. Doch es regt sich Widerstand gegen das Millionenprojekt mit seinen namhaften Förderern.
Es gilt als ein Vorzeigeprojekt im Freistaat Bayern: Das neue Naturkundemuseum „Biotopia“bei Schloss Nymphenburg im Münchner Nordwesten soll 2028 eröffnen und ein Besuchermagnet für Biound Umweltwissenschaften werden. Auf rund 200 Millionen Euro beliefen sich zuletzt die Kostenschätzungen. Und auch, wenn die Baukosten und die Frage, wer sie am Ende zahlt, noch nicht endgültig geklärt sind, sagte der neue Wissenschaftsund Kunstminister Marcus Blume bereits seine Unterstützung für „Biotopia“zu.
Doch nicht allen Münchnern gefällt die Idee einer modernen „Science-Gallery“mit direktem Anschluss zum historischen Königsschloss Nymphenburg. So weckt die Entwurfsplanung des Berliner Architekten Volker Staab für das Projekt, das namhafte Förderer wie Auguste von Bayern oder Ludwig Prinz von Bayern hat, bei einer Gruppe von Münchnern Ängste um das historische Gebäude. Der Rechtsanwalt Nikolaus Bömcke sagte gegenüber unserer Redaktion: „Das Neubauvorhaben für Biotopia birgt irreversible Schäden für das Schlossensemble Nymphenburg, für die naturhistorischen Sammlungen
die Erschließung des historischen Areals.“Nymphenburg sei kein Ort, der einen guten Bauplatz für einen Neubau abgibt oder eine Glas-Beton-Stahlarchitektur vertrage, wie sie geplant ist.
Die übersichtliche Gruppe der Gegner, bisher etwa 20 Münchner, befürchten, dass der Neubau gegen Standards des Denkmalschutzes verstößt. „So wird die großartige Fassade zerstört“, mutmaßt Bömcke. Der geplante Abriss und Neubau des äußeren rechten Flügels schmälere den Denkmalwert. Nach Meinung der Neubaugegner ist auch der hohe Grundwasserstand in Nymphenburg ein Problem. Er erfordere den Abriss der vorhandenen Betonwanne unter einem Bestandsbau und den Bau einer zweistöckigen Wanne für den Neubau mit möglichen Folgen für die Stabilität der Fundamente von Schloss und Gartenanlagen. Daraus würden sich hohe Kosten für Abrissentsorgung, die Baugrube, Spundwände, Betonwände, Neu- und Ausbau“ergeben, glaubt Bömcke.
Die Gegner fordern dazu auf, das Neubauprojekt „Biotopia“im Schloss Nymphenburg infrage zu stellen. „Wie beim geplanten Konzertsaal muss man in dieser schwierigen Zeit innehalten und es überdenken“, sagte der Jurist. Schließlich sei auch hier mit einer Kostenexplosion infolge der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine zu rechnen.
Dazu bedauert der Jurist, dass München durch Biotopia das Museum Mensch und Natur mit seinen jährlich 200.000 Besuchern Bayern verlieren würde. Zuletzt heißt es, dass auch die Erschließung durch öffentliche Verkehrsmittel und die Parkplatzsituation vor Schloss Nymphenburg schwierig seien, Uund S-Bahn-Stationen seien kilometerweit entfernt.
Im Biotopia-Projektbüro sieht man die Dinge naturgemäß anders: Der Neubau ersetze auf sensible Weise einen nicht denkmalgeschützten Zweckbau aus den 1960er Jahren, der seinerzeit für eine spezifische Nutzung als Universitätsinstitut geplant wurde. „Dieser ist stark asbestbelastet und daher sowie aus Brandschutzgründen für jegliche weitere Nutzung unbrauchbar“, so eine Sprecherin. Auch dass durch den Neubau das Schlossensemble in irgendeiner Weise gefährdet sei, wird verneint. Das Gebäude werde von einem der erfahrensten Archiund tekten im Bereich „Bauen im historischen Kontext“geplant. Die besonderen technischen Herausforderungen beim Schloss Nymphenburg seien den Projektbeteiligten bekannt. Das Projekt sei deshalb von Anfang an in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen entwickelt worden. Architekt Staab habe Kritik an seinen Entwürfen stets ernst genommen und die Pläne angepasst. Und auch während der Bauphase soll die Schlösserverwaltung eng eingebunden sein. Dass es zu Verkehrsproblemen kommen könnte, glaubt man bei „Biotopia“ebenfalls nicht: Das bestehende Museum „Mensch und Natur“habe jährlich bereits 200.000 Besucher, die auch ohne S- und U-Bahn ankommen. Auch mit Trambahnen und Bussen gebe es hervorragende Anbindungen. Die Anbindung über den ÖPNV soll in Zukunft weiter verbessert werden. Man sei in die Erstellung eines Verkehrskonzeptes involviert, das vom Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München erarbeitet wird. „So können verkehrliche Aspekte bis zur Eröffnung sogar noch optimiert und Sorgen der Anwohner gehört werden“, sagte die „Biotopia“-Sprecherin.
Neubau soll unbrauchbaren Zweckbau ersetzen