Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der TSV Haunstette­n verändert sich

Handball Nach dem verpassten Aufstieg sortiert sich der Frauen-Drittligis­t. Wie Abteilungs­leiter Vornehm auf die Abschiede von Trainer Högl und Stammspiel­erin Irmler reagieren wird.

- VON JOHANNES GRAF

Selten hatten die Fans auf der Tribüne und die Spielerinn­en auf dem Feld ein derart aufwühlend­es Spiel in der Albert-Loderer-Halle erlebt. Der 27:29 (13:15)-Endstand täuschte darüber hinweg, dass die Handballer­innen des TSV Haunstette­n ganz knapp vor dem Aufstieg in die 2. Liga gestanden hatten. Erst kurz vor Schluss traf die SG Mainz-Bretzenhei­m doppelt und entschied die Partie.

Enttäuscht sanken Spielerinn­en und Trainer Max Högl auf den Boden, mit dem höchsten Maß an Spannung hatten sie sich aus der Saison verabschie­det. Tränen flossen. Mannschaft und Verantwort­liche versuchten, ihre Gefühle zu sortieren. Wirklich gelingen konnte es nicht, denn der verpasste Aufstieg war es nicht allein, der die Gefühle hervorrief.

Nach vier Jahren hat Högl für sich entschiede­n, einen Schlussstr­ich zu ziehen. „Ich brauche mal wieder etwas anderes. Ich will ein paar neue Sachen sehen, neue Erfahrunge­n sammeln, die mich weiterbrin­gen.“Högl kündigte an, sich in Ruhe mit den Verantwort­lichen zusammenzu­setzen. Er könne sich vorstellen, zunächst bei den Männern in der Bayernliga mitzuhelfe­n. „Mir gefällt es hier. Deshalb gibt es keinen Grund, von hier wegzugehen“, betonte er. Mit seiner Mannschaft hatte Högl Unerwartba­res vollbracht. Dass Haunstette­n bis zur letzten Sekunde um den Aufstieg in die 2. Liga mitspielen würde, kam dann doch überrasche­nd. Entspreche­nd zufrieden wirkte Abteilungs­leiter Herbert Vornehm, zugleich Co-Trainer des Frauenteam­s, trotz der Enttäuschu­ng am Schluss. „Für die Mannschaft tut es mir wirklich leid. Das war eine tolle Saison.“

Ohne Vornehm wäre der Handball in Haunstette­n nicht der, der er ist. Das Frauenteam hatte er schon einmal in die 2. Liga geführt. Nach drei Spielzeite­n stieg die Mannschaft allerdings wieder ab. Das Haunstette­r Handball-Modell sieht nicht vor, dass bezahlte Halbprofis das sportliche Niveau anheben. Auch ein Trainer verdient beim TSV bedeutend weniger als bei anderen Klubs. Vornehm hatte lange nach einem passenden Coach für die Frauen gesucht, in Högl hatte er eine Idealbeset­zung gefunden. Umso mehr schmerzt Vornehm nun, dass er erneut nach einem Trainer suchen muss. „Ich bin frustriert, weil ich eigentlich kürzertret­en wollte.“Als am wahrschein­lichsten gilt, dass Vornehm mal wieder selbst die Mannschaft übernimmt. Einen

fremden Trainer zu finden, der seinen Vorstellun­gen entspricht, sei nicht so leicht, meint Vornehm. Er hoffe, dass er im Laufe des Jahres eine alternativ­e Lösung finde.

Vornehm kann auf ein eingespiel­tes Team zurückgrei­fen. Die Mannschaft wird in der kommenden Saison wohl wieder eine ansprechen­de Rolle in der 3. Liga einnehmen. Allerdings fehlt mit Sarah Irmler eine tragende Figur der vergangene­n Jahre. Bereits als 16-Jährige spielte sie mit dem TSV Haunstette­n in der 2. Liga. Mit der deutschen U18-Nationalma­nnschaft gewann die Rückraumsp­ielerin WM-Silber, im Beachhandb­all wurde sie Europameis­terin. Angebote blieben nicht aus, doch lange hielt die 24-Jährige dem TSV Haunstette­n die Treue. Nun ergreift sie die Chance, profession­ell Handball zu spielen. Sie wechselt zu Frisch Auf Göppingen in die 2. Liga. Ziel ist dort, innerhalb der nächsten zwei Jahre in die 1. Liga aufzusteig­en. Irmler hat ihr Lehramtsst­udium abgeschlos­sen, hat ihr Staatsexam­en gemacht. „Der Moment war jetzt da, wo ich mich

entscheide­n musste. Jetzt oder nie“, sagt sie.

Irmler (8 Tore) hatte im Verbund mit Spielgesta­lterin Patricia Horner (6) die Haunstette­rinnen gegen Bretzenhei­m im Spiel gehalten. Künftig muss Horner auf ihre Partnerin verzichten. Ein paar Minuten nach dem verpassten Aufstieg blickte Horner aber bereits zuversicht­lich in die Zukunft. „Wir haben ganz viel Potenzial für die kommenden Jahre. Der Großteil bleibt zusammen, und wir haben alle Bock. Dieser letzte Monat hat so viel Spaß gemacht.“

Der TSV wird auf seine Nachwuchsa­rbeit setzen. Vornehm geht davon aus, dass es keine externen Verstärkun­gen geben werde. Spielerinn­en aus dem Unterbau sollen herangefüh­rt werden. Nachwuchsk­räfte wie Michelle Schäfer oder Julika Birnkammer, die gegen die SG Mainz-Bretzenhei­m schon stark agierten, sollen noch mehr Verantwort­ung übernehmen. Und Vornehm? Der schärft, für ihn typisch, schon die Sinne für kommende Aufgaben und mahnt: „Wir können uns auf den Erfolgen nicht ausruhen.“

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Abteilungs­leiter Herbert Vornehm (li.) übernimmt nach dem Abschied von Max Högl den Trainerpos­ten.
Foto: Fred Schöllhorn Abteilungs­leiter Herbert Vornehm (li.) übernimmt nach dem Abschied von Max Högl den Trainerpos­ten.

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