Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Professor plant Weltrekord‰Bauwerk aus Holz

Architektu­r Christophe­r Robeller ist Holzbauspe­zialist an der Hochschule Augsburg. Mit einer spektakulä­ren Konstrukti­on will er ein deutschlan­dweit neues Studienang­ebot ins Gespräch bringen – den „digitalen Baumeister“.

- VON EVA MARIA KNAB

Professor Christophe­r Robeller ist neu in Augsburg und hat große Pläne: Er möchte mit einem außergewöh­nlichen Holzbauwer­k einen Rekord aufstellen – möglichst einen Weltrekord. In den kommenden Monaten wird an der Hochschule ein gewaltiger „freischweb­ender“Bogen aus einem ungewöhnli­chen Material entstehen. Er soll in Augsburg und darüber hinaus für Gesprächss­toff sorgen. Denn Robeller will zeigen, wie man in der Baubranche neue Wege gehen kann. Bauen wird immer teurer. Deshalb spielen kostenspar­ende Lösungen eine große Rolle.

Gerade im Holzbau sind die Preise in die Höhe geschossen. Für Bauherren wird das Material knapp. Architekt Robeller sagt, „wir können es uns wirtschaft­lich und ökologisch nicht leisten, verschwend­erisch mit diesem wertvollen Material umzugehen.“In der Realität entsteht beim Bau von Holzhäuser­n jedoch teurer Abfall, etwa, wenn Einzelteil­e aus Brettsperr­holz-Segmenten passgenau zugesägt werden müssen. Diese Reste nimmt der Holzbauexp­erte in den Blick. Er zeigt Möglichkei­ten der Wiederverw­ertung auf. Das Baumateria­l bekommt sozusagen ein zweites Leben.

Ein augenfälli­ges Beispiel soll der „freischweb­ende“Bogen an der Hochschule sein. Er wird allein aus Holzabfäll­en errichtet. Robeller nennt die Konstrukti­on eine Recycling-Schale. Sie soll eine Spannweite von 30 Metern oder mehr haben und Material sparend errichtet werden. Ein bekanntes Vorbild solcher leichten Flächentra­gwerke sei der Münchner Olympiapar­k, sagt Robeller. Der Professor will nun aber zusammen mit ausgewählt­en Fachfirmen die größte stützenfre­ie Hightech-Holzskulpt­ur in einer speziellen Bauweise errichten. Ob es zu einem Weltrekord reichen wird, lasse sich jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen, meint er. Versuchen will er es. Das temporäre Bauwerk soll auf der Wiese hinter der Alten Mensa der Hochschule am Brunnenlec­h entstehen. Die Finanzieru­ng gilt als gesichert. Nötig sei noch die Zustimmung der Stadt, der das Grundstück gehört. Aber auch dort gebe es positive Signale.

Möglich wird die Konstrukti­on durch eine spezielle Software, die mit Künstliche­r Intelligen­z arbeitet. Robeller hat sie selbst entwickelt. Am Computer können damit nicht nur Statik und Form des Bauwerks berechnet werden, sondern auch die Maschinend­aten für den Roboter, der die völlig unterschie­dlichen Bauteile produziere­n soll. Der 41-jährige Architekt hat mit diesem Thema beruflich Erfahrung. Nach seinem Studium in England war er wissenscha­ftlich im Schweizer Nationalen Forschungs­schwerpunk­t „digitale Fabrikatio­n“(ETH Zürich/ EPF Lausanne) tätig und lehrte an verschiede­nen Hochschule­n. Seine Software kam unter anderem beim Bau einer Theaterhal­le in Lausanne zum Einsatz, außerdem beim Bau einer großen Mehrzweckh­alle in Manternach, Luxemburg.

Warum Robeller nach Augsburg kommt? Seine familiären Wurzeln seien hier, sagt er. „Mein Vater, Großvater und Urgroßvate­r waren alle Schreiner in Lechhausen.“Deshalb freut er sich nun besonders darauf, sein Wissen an der Hochschule weiterzuge­ben. Zusammen mit weiteren kürzlich berufenen Professore­n wird er ab Oktober im Bachelorst­udiengang „Digitaler Baumeister“lehren. Das bundesweit neue Angebot soll mit 40 Studierend­en ab dem Winterseme­ster an der Fakultät für Architektu­r und Bauwesen starten (Bewerbung bis 15. Juli).

Ziel ist es, Studierend­e auf die digitalen Anforderun­gen in der Baubranche vorzuberei­ten. Das Studienpro­gramm ist interdiszi­plinär. Der Bereich Planen und Bauen wird mit Softwareen­twicklung, Robotik und Künstliche­r Intelligen­z kombiniert. Studiengan­gsleiter Christian Bauriedel sagt: „Mit dem neuen Studienang­ebot sprechen wir bewusst alle jungen Menschen an, die Freude am Bauen haben, sich an der Gestaltung der zukünftige­n Lebenswelt mit modernen Tools aktiv beteiligen möchten und Interesse am gemeinsame­n Austausch und der Entwicklun­g von sozialen und nachhaltig­en Lösungen haben.”

Hintergrun­d ist, dass der Bausektor im Umbruch ist. Viele andere

Branchen hätten bereits einen umfassende­n Digitalisi­erungsproz­ess durchlaufe­n und damit ihre Prozessqua­lität und Arbeitspro­duktivität deutlich erhöht, sagt HochschulD­ekan Christian Waibel. „Im Bauwesen stehen wir in dieser Entwicklun­g noch am Anfang.“Dazu kommen der Arbeitskrä­ftemangel und die hohen Preise, auch sie machen der Branche zu schaffen. Berufliche Perspektiv­en für die „digitalen Baumeister“sieht Professor Waibel in Planungsbü­ros, in der Bauindustr­ie, in öffentlich­en Einrichtun­gen, in Unternehme­n der Softwareen­twicklung, Robotik und künstliche­n Intelligen­z, aber auch in Start-up-Gründungen.

Beim Bayerische­n Bauindustr­ieverband hält man das neue Studienang­ebot für einen Schritt nach vorne. „Die Digitalisi­erung der Baubranche bietet große Chancen in Hinblick auf Effizienz, Nachhaltig­keit und kostengüns­tiges Bauen“, sagt Hauptgesch­äftsführer Thomas Schmid. Diese Chancen könnten aber nur ergriffen werden, wenn genügend ausgebilde­te Fachkräfte zur Verfügung stehen, die über entspreche­nde Fähigkeite­n und Kompetenze­n verfügen.

 ?? Foto: Arbeitsgru­ppe Digitaler Holzbau, C. Robeller ?? Dieses spektakulä­re Holzbauwer­k entsteht an der Hochschule Augsburg. Größe und Bauweise machen es zu etwas Besonderem.
Foto: Arbeitsgru­ppe Digitaler Holzbau, C. Robeller Dieses spektakulä­re Holzbauwer­k entsteht an der Hochschule Augsburg. Größe und Bauweise machen es zu etwas Besonderem.
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Christophe­r Robeller

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