Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Neue Chance für abgelehnte Asylbewerber
Migration Koalition plant ein dauerhaftes Bleiberecht. Scharfe Kritik von der CSU.
Die Opposition läuft Sturm gegen die Pläne von Innenministerin Nancy Faeser (SPD), vielen bislang nur geduldeten Ausländern ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: „Während unsere Nachbarländer nach Lösungen suchen, den Migrationsdruck nach Europa zu verringern, schafft Frau Faeser neue Anreize für Migranten, die keinen Anspruch auf Asyl haben.“
Nach einem Gesetzentwurf aus dem Innenministerium sollen Geduldete, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, ein sogenanntes „Chancen-Aufenthaltsrecht“erhalten. In einer Art einjähriger Probezeit können sie dann nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten und die deutsche Sprache beherrschen. Gelingt dies, wird ihnen eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Dem Entwurf zufolge kann von der Regelung nur profitieren, wer nicht wegen erheblicher Straftaten verurteilt wurde und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt. Zudem dürfe die Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben oder aufgrund einer Täuschung über Identität oder Staatsangehörigkeit ausgesetzt sein.
Duldung bedeutet, dass ein Ausländer zwar ausreisepflichtig ist, die Abschiebung aber vorübergehend ausgesetzt wurde. In der Praxis werden die Fristen häufig verlängert, dann wird von „Kettenduldungen“gesprochen. Ende vergangenen Jahres lebten laut Innenministerium 242.029 geduldete Ausländer in der Bundesrepublik, 104.444 von ihnen seit mehr als fünf Jahren. Das Vorhaben, ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht zu geben, ist Teil des Koalitionsvertrags zwischen SPD, Grünen und FDP. Die Liberalen hatten in ihrem Wahlprogramm gefordert, gut integrierten Migranten, die bislang keine Chance auf einen dauerhaften Aufenthalt hatten, den „Spurwechsel“zu ermöglichen. Sie seien, so ein Argument, angesichts des Mangels an Arbeitskräften für viele Unternehmen wichtige Kräfte. Die Union dagegen fürchtet, dass dadurch die Motivation für eine illegale Einreise steigt. „Das wird neue Pulleffekte nach Deutschland auslösen“, sagte Dobrindt. Vor dem Treffen der EU-Innenminister an diesem Donnerstag forderte er „Humanität und Ordnung bei der Migration mit klaren Regeln“.
Seit Jahren streiten die EU-Mitgliedstaaten um eine Neuordnung der Migrations- und Asylpolitik, auch bei der Innenministertagung in Luxemburg ist für Zündstoff gesorgt: Österreichs Innenminister Gerhard Karrner will Asylbewerber nach dem Vorbild Großbritanniens in Drittstaaten außerhalb der EU bringen lassen. „Es wäre eine gute Lösung, künftig Migranten von der EU in Drittstaaten zurückzuschicken und dort ihre Asylanträge prüfen zu lassen“, sagte er. Das aus der EU ausgetretene Großbritannien hatte kürzlich ein Abkommen mit Ruanda geschlossen, nach dem illegale Einwanderer in das ostafrikanische Land geflogen werden sollen. Dort können sie einen Asylantrag stellen, ist er erfolgreich, können sie in Ruanda leben. Im Gegenzug erhält Ruanda finanzielle Hilfe. Das dänische Parlament hat vor wenigen Tagen ein Gesetz beschlossen, das die Einrichtung von Asylzentren in Drittländern ermöglicht. Dort sollen Bewerber warten, bis über ihren Asylantrag in Dänemark entschieden wird. Auch Dobrindt fordert, dass Migranten nicht mehr einfach in das Land ihrer Wahl einreisen können. Als Ziele einer künftigen deutschen Zuwanderungspolitik nannte er „Entscheidungen über Asylansprüche an der EU-Außengrenze, eine klare Trennung zwischen Arbeitsmigration und Asyl sowie eine verpflichtende Identitätsprüfung“.