Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Manche mögen’s heiß
Natur Münchner Forscher finden heraus, was die Vorlieben von rund 200 Insektenarten mit dem Klimawandel zu tun haben und welche Konsequenzen das hat.
München Der Klimawandel schreitet fort und birgt für Menschen, Tiere und Pflanzenwelt vor allem Schwierigkeiten. Einige wärmeliebende Arten profitieren in bestimmten Regionen allerdings auch, wie Forscher der Technischen Universität München in einer Studie aufzeigen. Hierfür haben sie das Datenbanksystem der Artenschutzkartierung am Bayerischen Landesamt für Umwelt ausgewertet. Dieses umfasst rund 3,1 Millionen Artnachweise in Bayern und bildet eine zentrale Datengrundlage für die Naturschutzbehörden und für die Erstellung Roter Listen gefährdeter Arten.
Das BioChange Lab der Technischen Universität München befasst sich unter anderem mit der Veränderung der Bestände heimischer Tierarten während der vergangenen Jahrzehnte. „Dazu kommt, dass nicht nur das Klima sich wandelt, sondern auch die Art und Intensität der Landnutzung. Hierzu zählen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Besiedlung und Verkehr“, sagte Christian Hof, Leiter der Forschungsgruppe BioChange. In ihrer Studie konzentrierten sich die Forscher des Lehrstuhls für Terrestrische Ökologie auf die Bestandsanalyse
von mehr als 200 Insektenarten – konkret 120 Schmetterlinge, 50 Heuschrecken und 60 Libellen. Demnach zeigte sich durchweg, dass die wärmeliebenden Arten in ihrem Bestand zunahmen, während das Vorkommen von Arten, die an kühlere Temperaturen angepasst sind, zurückging.
Die Forscher ermittelten die Temperaturvorlieben der einzelnen Arten nach ihrem Verbreitungsgebiet innerhalb Europas und verwendeten die mittlere darin vorherrschende Temperatur, wie Doktorandin Eva Engelhardt erläuterte. „Das heißt, Arten, die ein eher nördliches Verbreitungsgebiet haben, sind kälteangepasste Arten, und Arten, die eher ein südeuropäisches Verbreitungsgebiet haben, sind wärmeangepasste Arten.“Dazu zählen etwa der Graublaue Bläuling (ein Schmetterling), das Weinhähnchen (eine Heuschrecke) sowie die Feuerlibelle. „Die Feuerlibelle ist einer der bekanntesten Profiteure der Klimaerwärmung. Die ursprünglich im mediterranen Raum verbreitete Großlibelle trat Anfang der 90er Jahre zum ersten Mal in Bayern auf und ist inzwischen großflächig verbreitet“, sagte Hof.
Zu den kälteangepassten Arten gehören der Alpen-Perlmutterfalter, die Alpine Gebirgsschrecke oder die Kleine Moosjungfer. Bei Schmetterlingen und Heuschrecken habe es mehr Bestandsabnahmen als -zunahmen gegeben, während Libellen überwiegend positive Trends aufzeigten. „Ein möglicher Grund hierfür ist die Verbesserung der Gewässerqualität während der letzten Jahrzehnte, was insbesondere den auf Wasser-Lebensräume angewiesenen Libellen zugute kommt.“
Jene Arten, die an ganz bestimmte Ökosysteme angepasst sind, gingen der Studie nach in ihrer Population zurück, zum Beispiel Schmetterlinge wie das Große Wiesenvögelchen oder der Hochmoor-Bläuling. „Unsere Studie belegt, dass die Auswirkungen des Klimawandels eindeutige Spuren auch in unserer heimischen Insektenfauna hinterlassen“, sagt Diana Bowler vom an der Studie beteiligten Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung. Die Studie zeige zudem, wie aus bestehenden Behörden-Datensätzen spannende Ergebnisse gewonnen werden könnten.