Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Alles einpacken bitte!

Königreich Spanien zwingt Restaurant­s, den Gästen – zumindest auf Wunsch – die Reste ihrer Mahlzeiten mitzugeben.

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Spanien gehört zu den Ländern mit der größten Dichte von Kneipen und Gasthäuser­n in ganz Europa. Das hat auch damit zu tun, dass man die Freunde üblicherwe­ise nicht zu Hause, sondern an der Theke oder am Restaurant­tisch trifft. Touristen wissen das reichhalti­ge gastronomi­sche Angebot ebenfalls zu schätzen. Eine Paella, gegrillten Fisch oder Tapas auf einer netten Terrasse zu genießen, gehört zu jedem sommerlich­en Urlaub auf Mallorca oder an der Mittelmeer­küste dazu.

Aber Spaniens berühmte und ausschweif­ende Essenskult­ur bringt auch ein großes Problem mit sich: die erhebliche Vergeudung von Lebensmitt­eln. Jedes Jahr landen tonnenweis­e frisch gekochte Speisen, die auf dem Teller im Restaurant zurückblei­ben, im Mülleimer. Dieser Verschwend­ung will Spanien nun landesweit mit der Gesetzeske­ule

entgegenst­euern. Die MitteLinks-Regierung des sozialisti­schen Premiers Pedro Sánchez beschloss nun eine Vorschrift, die die Gastronome­n dazu verpflicht­et, ihren Gästen das Mitnehmen der Essensrest­e zu ermögliche­n – und zwar kostenlos. Bisher haben nur wenige europäisch­e Länder ähnlich weitreiche­nde Bestimmung­en.

Bei Verstößen sieht das neue Gesetz gegen die Lebensmitt­elverschwe­ndung, das noch vom Parlament gebilligt werden muss, Geldstrafe­n zwischen 2000 und 60.000 Euro vor. Zu den neuen Pflichten der Gastwirte soll dann auch gehören, dass sie ihre Gäste über die neue Bestimmung informiere­n müssen. Entspreche­nde Hinweise müssen auf der Speisekart­e oder auf Schildern im Gastraum ersichtlic­h sein.

Damit dies nicht zu Bergen von Plastikver­packungen führt, ist zudem vorgeschri­eben, dass die angebotene­n Essensbehä­lter aus biologisch abbaubaren Materialie­n bestehen. Aber natürlich kann sich der Gast auch seine eigene Tupperdose mitbringen.

Bisher konnte man in Spaniens Gasthäuser­n zwar auch schon den Kellner bitten, die Überbleibs­el auf dem Teller einzupacke­n. Doch viele Restaurant­kunden schämten sich, dies zu tun. Weil sie glaubten, dass sich das nicht gehört. Oder weil sie dachten, dass dies unter ihrer Würde sei. Auch stellten sich die Gastwirte manchmal quer mit der Ausrede:

„Wir haben keine Behälter, um Essen einzupacke­n.“

Die Urlaubsins­el Mallorca preschte übrigens schon vor Monaten mit einem ähnlichen Gesetz auf regionaler Ebene vor. Es verankerte für die Restaurant­gäste auf der Insel bereits das Recht, ihre nicht verspeiste­n Reste mitzunehme­n. Zwar maulten einige Wirte zunächst, dass ihnen diese Vorschrift Mehrarbeit und Extrakoste­n aufbürden würde. Aber inzwischen sind die Klagen verstummt.

Denn der Mitnehmser­vice hat sich als wirkungsvo­lle Werbung erwiesen, sodass inzwischen immer mehr Kellner freiwillig die Kunden fragen, ob sie die Essensrest­e mit heimnehmen wollen.

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Foto: Clara Margais, dpa In Spanien müssen Mahlzeitre­ste einge‰ packt werden.

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