Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Alles hängt vom Boden ab“

Selbst gemacht Auf dem Biohof in Emersacker baut Martin Hesch vorwiegend alte Obst- und Gemüsesort­en an. Er will mehr Bewusstsei­n für die Natur schaffen und erklärt, worauf beim Anbau zu achten ist.

- VON PHILIPP KINNE

Emersacker Martin Hesch formt seine erdigen Hände zu einer Kuhle. „In einer Hand voller Erde stecken mehr Lebewesen als es Menschen auf der Welt gibt“, sagt der 63-Jährige. Die – da ist sich der Landwirt sicher – sei die Grundlage von allem. Hesch baut auf seinem Hof und auf einer großen Fläche am Waldrand bei Emersacker Gemüse an. Tomaten, Zucchini, Salat, Bohnen – „eigentlich alles, was gut ist“, sagt der Mann mit weiß gelockten Haaren und oranger Mütze. Er weiß, worauf es dabei ankommt.

Schon als Kind verbrachte Hesch die meiste Zeit in der Natur. Aufgewachs­en ist er auf einem Hof in Franken. „Kindergart­en gab es nicht, brauchte ich auch nicht“, sagt er. Stattdesse­n: Gemüseernt­e. Das über viele Jahre erfahrene Wissen gibt er nun auch an andere weiter. Vor etwa 15 Jahren gründete er zusammen mit seiner Lebensgefä­hrtin Veronika Baumann den Biohof in Emersacker. Dort gibt es einen kleinen Hofladen, in dem unter anderem das Gemüse vom Feld verkauft wird. Außerdem entstehe zurzeit eine solidarisc­he Landwirtsc­haft, sagt der gelernte Schreiner und Zimmerer. Ihm ist es wichtig, mit der Natur im Einklang zu leben.

„Wir machen Permakultu­r, das heißt permanente Landwirtsc­haft.“Konkret gehe es darum, mit der Natur zu leben, zu pflanzen und zu ernten. Andere Landwirte, meint Hesch, erwarten zu viel von der Natur, beuteten sie aus. Er will es anders machen. Sein Haus bestehe zum Beispiel zum allergrößt­en Teil aus Materialie­n aus der Natur wie Lehm und Stroh. Hesch: „Irgendwann wird sich das wieder in die Natur einfügen.“

Das gilt auch für seine Hügelbeete am Waldrand, auf denen ohne Gentechnik, Pestizide oder Hybridsaat­gut angebaut wird. Hesch spricht von einem „Naturkreis­lauf“. Selbst auf Schneckenk­orn will er beim Anbau verzichten. Das gibt es zwar auch ohne Chemie, doch das Mittel töte auch andere Insekten. Deshalb probiert Hesch aktuell eine Alternativ­e aus: Schafwolle soll die

Schnecken vom Gemüse fernhalten. Der 63-Jährige hat noch einige andere Tipps auf Lager.

Denn wer in seinem eigenen Garten mit dem Anbau von Gemüse loslegen möchte, sollte einiges beachten. Das Wichtigste: „Alles hängt vom Boden ab“, sagt der Landwirt aus Emersacker. Wer ein neues Beet anlegen möchte, sollte daher am besten eine gute Grundlage schaffen. Dafür gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten. Länger dauert es, wenn man nährreiche­n Boden selbst herstellen möchte. Das geht so: Zunächst sollte man Gras wachsen lassen. Ist es hoch genug, tritt man es flach. Auf das flachgedrü­ckte Gras werden nun Kartoffeln gelegt. „Wichtig ist, dass das Saatkartof­feln

sind“, erklärt der Landwirt. Über die Kartoffeln kann man noch eine Schicht von Heu oder Gras legen, etwa einen halben Meter hoch. „Dann muss man nur noch warten“, sagt Hesch.

Im Herbst können die Kartoffeln geerntet und der entstanden­e Kompost entfernt werden. Anpflanzen kann man allerdings erst im nächsten Frühjahr. Dann befindet sich dort, wo im Herbst die Kartoffeln geerntet wurden, ein nährreiche­r Boden. Wer schneller loslegen möchte, muss den Boden umgraben. Zwischendu­rch sollte das Beet gemulcht werden.

Auch für das Anpflanzen hat Hesch einige Tipps. Grundsätzl­ich muss das Gemüse, zum Beispiel

Zucchini oder Tomaten, vorgezogen werden. Bedeutet: Solange es noch Frost gibt, sollten die Samen im Haus in einem kleinen Topf angepflanz­t werden. Sobald sie groß genug sind und es draußen auch nachts keine Minustempe­raturen mehr hat, können die Setzlinge ins Beet gepflanzt werden. Wie tief die Setzlinge ins Beet gesetzt werden sollten, hängt von der Pflanze ab. Zucchini zum Beispiel müssen nicht besonders tief eingegrabe­n werden, erklärt der Landwirt. Anders als Tomaten: „Deren Wurzeln gehen richtig tief in den Boden“, sagt Hesch.

Diese und andere Tipps gibt der Landwirt gerne weiter. Auf seinem Acker bei Emersacker kann jeder

helfen, der möchte. Zur Zeit gründet sich dort eine solidarisc­he Landwirtsc­haft. Bedeutet: Helferinne­n und Helfer arbeiten auf dem Feld und bekommen dafür einen Teil der Ernte. Eine von ihnen ist eine 63-Jährige aus Augsburg, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie sagt: „In der Stadt sind wir so abgetrennt von der Natur.“Sie wolle mit der Erde in Verbindung treten, den Prozess der Pflanzen von Anfang an miterleben. „Es ist großartig, dass das hier geht“, sagt die Augsburger­in. Hesch und die anderen hoffen, dass dieser Funke zur Liebe zur Natur auch bei anderen überspring­t. Neue Gesichter sind auf dem Biohof in Emersacker immer gerne gesehen.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Martin Hesch pflanzt Zucchini in seinen Permakultu­r‰Garten am Waldrand bei Emersacker. Er legt Wert auf einen nachhaltig­en Umgang mit der Natur.
Fotos: Marcus Merk Martin Hesch pflanzt Zucchini in seinen Permakultu­r‰Garten am Waldrand bei Emersacker. Er legt Wert auf einen nachhaltig­en Umgang mit der Natur.
 ?? ?? Im Permakultu­r‰Garten am Waldrand werden vor allem alte Obst‰ und Gemüsesort­en angebaut ‰ ökologisch und nachhaltig.
Im Permakultu­r‰Garten am Waldrand werden vor allem alte Obst‰ und Gemüsesort­en angebaut ‰ ökologisch und nachhaltig.

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