Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Pattex-Peter“klebt an seinem Stuhl
Frankfurts Oberbürgermeister muss sich vor Gericht verantworten – und nimmt auch sonst jeden Fettnapf mit. Ein Anlass, um zurückzutreten? Nicht für ihn.
Peter Feldmann ist kein Typ für den Hinterausgang. Und so darf man getrost davon ausgehen, dass der Frankfurter Oberbürgermeister die politische Bühne eines Tages mit Pauken und Trompeten verlassen wird. Nur wann, das ist die große Frage. Vor dem Römer, dem ehrwürdigen Rathaus der Stadt, trifft man in diesen Tagen öfter eine Frau mit Schild. Ihre Botschaft ist klar: Feldmann soll gehen.
Doch der „Pattex-Peter“, wie er inzwischen genannt wird, klebt an seinem Stuhl. Nach einer ganzen Reihe von teils „nur“peinlichen, teils aber womöglich justiziablen Fehltritten ist er eigentlich nicht mehr zu halten. Eigentlich. Seit Monaten wird gegen den 63-Jährigen ermittelt. Inzwischen steht fest, dass sich der SPD-Politiker vor Gericht verantworten muss. Der Vorwurf lautet auf Vorteilsnahme im Amt.
Also Korruption. Im Wesentlichen geht es um seine engen Beziehungen zur Arbeiterwohlfahrt, die ihm Wahlkampfspenden und seiner Noch-Ehefrau einen verdächtig gut dotierten Job in einer Kita beschert haben soll. Feldmann bestreitet das und will bis 2024 im Amt bleiben, auch wenn er vorerst keine öffentlichen Termine wahrnimmt. Doch sogar die eigene Partei will ihn loswerden. Was auch daran liegt, dass der kumpelhafte Oberbürgermeister offenbar an keinem Fettnapf vorbeigehen kann, ohne zum Hechtsprung anzusetzen.
Selbst der Europapokal-Triumph von Eintracht Frankfurt wird zum Desaster. Auf dem Weg zur
Siegesfeier entreißt Feldmann dem verdutzten Mannschaftskapitän breit grinsend die Trophäe. Mit der Attitüde eines vorgeblich hilfsbereiten Nachbarn, der einer älteren Dame die schwere Einkaufstüte abnimmt, klaut er den Pokal – und macht sich zum Gespött. Dann taucht auch noch das Video von einer Ansprache Feldmanns auf dem Flug zum Finale auf, in der er sich in brüderleartiger Herrenwitz-Manier darüber auslässt, wie ihn die Flugbegleiterinnen „hormonell außer Gefecht gesetzt“hätten. Und so kommen die Frankfurterinnen und Frankfurter kaum noch aus dem Fremdschäm-Modus heraus. Dabei war der Mann, der heute Polizeischutz braucht, einmal sehr populär. Seit zehn Jahren
regiert er im Römer. Aufgewachsen in einer Hochhaussiedlung, inszeniert sich der Vater zweier Töchter von zwei Frauen als Vertreter der normalen Leute in der Stadt des großen Geldes – und setzt sich in der OB-Wahl überraschend gegen einen gewissen Boris Rhein durch. 2018 wird er souverän wiedergewählt. Zur Ironie der Geschichte gehört, dass sein damaliger CDUKontrahent heute hessischer Ministerpräsident ist, während Feldmanns Karriere dem Ende geweiht ist. Eigentlich. Die Koalition im Frankfurter Magistrat bereitet zwar ein Abwahlverfahren vor. Dafür gibt es allerdings hohe Hürden. Und ein freiwilliger Rückzug? Siehe Hinterausgang. Zumindest im Fußballstadion wird man Feldmann wohl nicht mehr so schnell treffen. Die Eintracht hat ihn zur unerwünschten Person erklärt.