Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Teuer und sinnlos: Dieses Energie-Paket sorgt nur für Frust

Gut eine Woche ist vergangen, seit Tankrabatt und Billig-Bahnticket­s eingeführt wurden. Leider sind beide Aktionen echte Rohrkrepie­rer.

- VON MARGIT HUFNAGEL huf@augsburger‰allgemeine.de

Warum sollte es in der Politik anders sein als im normalen Leben: Gut gemeint ist nicht selten das genaue Gegenteil von gut gemacht. Besonders deutlich zeigt sich das aktuell im Energiepak­et der Bundesregi­erung. Mit dem Tankrabatt und dem NeunEuro-Ticket werden gerade Steuergeld­er in Milliarden­höhe verschwend­et. Das Projekt hat sich innerhalb kürzester Zeit als Rohrkrepie­rer herausgest­ellt. Teuer und ineffektiv zugleich – eine toxische Mischung in Zeiten, in denen die Politik ohnehin zum einen mit leerer werdenden Kassen zu kämpfen hat, zum anderen beweisen muss, dass sie mit großen Herausford­erungen umgehen kann. Denn die werden nicht kleiner werden. Vielleicht, so die Resthoffnu­ng, stellt sich zumindest ein Lerneffekt ein: Die Gießkanne ist für den Garten gemacht, nicht für den politische­n Instrument­enkasten.

Überdeutli­ch zeigt sich das gerade an den Zapfsäulen. Autofahrer­innen und -fahrer können sich nur noch verwundert die Augen reiben. War da nicht mal was? Bereits wenige Tage nach der Einführung des Lindner’schen Rabattes zeigten die Leuchttafe­ln schon wieder Preise von über zwei Euro an. Geld, das in die ohnehin vollen Taschen der Mineralöl-Konzerne fließt. Subvention­iert von Steuerzahl­ern, die aktuell selbst womöglich zweimal überlegen müssen, wofür sie ihr Geld wirklich ausgeben wollen und was sie sich noch leisten können. Wer in den Markt eingreift, muss sicher sein, dass das Geld bei den Richtigen ankommt. So aber lacht am Ende Putin gleich doppelt: Er verkauft teures Öl und der deutsche Staat schwächt sich selbst, indem er auf Steuereinn­ahmen verzichtet. Während der Frust der Wähler mit jedem Griff zur Zapfpistol­e steigt.

Das gleiche Ergebnis wird sich beim Neun-Euro-Ticket einstellen. Nun muss man das aktuelle Klagen über die überfüllte­n Züge sicher in Relation stellen – schon in den vergangene­n Pfingstfer­ien gab es überlastet­e Strecken, heuer wird nur besonders genau hingeschau­t. Doch ob sich der erwünschte Effekt der Aktion einstellt, nämlich dass mehr Menschen zum Umstieg bewegt werden, darf getrost bezweifelt werden. Wer sich entnervt von der Bahn abgewandt hat und am Ende (trotz teuren Sprits) doch auf das Auto setzt, tut das vielleicht auch mit Blick auf die Ticketprei­se – aber ganz vorne auf der Rangliste der größten Bahn-Verhinderu­ngsfaktore­n stehen Unpünktlic­hkeit, fehlende Modernisie­rung, stundenlan­ges Stehen im Gang, weil zu wenige Waggons bereitgest­ellt wurden, oder schlicht, dass man erst einmal das Auto braucht, um zum nächsten Bahnhof zu gelangen.

Wer die Bahn attraktive­r machen will, muss endlich damit beginnen, ihre so grundlegen­den wie offensicht­lichen Probleme anzugehen. Allein mit kurzfristi­gen Rabattschl­achten wird sich keine Verkehrswe­nde gestalten lassen. Schnäppche­njäger werden vielleicht mal einen billigen Ausflug mit der Bummelbahn an den Bodensee unternehme­n, den sie sonst nicht gemacht hätten – doch ob die Staatskass­e da der richtige Finanzier ist, darf bezweifelt werden.

Leider deuten die beiden politische­n Fehlgriffe an, wie wenig Fantasie es gibt, fundamenta­le Krisen zu lösen. Und die werden uns auch künftig begleiten. Mobilität ist eine der grundlegen­den Weichen, die mit Blick auf den Klimawande­l gestellt werden müssen. Doch dazu braucht es Mut und Weitblick. Die Spritpreis­e auf der einen Seite durch die CO2-Steuer zu verteuern und zugleich durch einen Rabatt zu verbillige­n, fällt nicht in diese Kategorie. Die Gesellscha­ft weiß ohnehin längst, dass das Leben teurer wird, wenn wir es mit dem Klimaschut­z ernst meinen. Mit billigem Populismus lassen sich die Wähler jedenfalls nicht täuschen.

Über den Tankrabatt freut sich Putin gleich doppelt

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